Sanremo (rad-net) - Der Rundfahrt-Spezialist Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) hat es den großen Favoriten Peter Sagan (Bora-hansgrohe) und Michal Kwiatkowski (Sky) ein Schnippchen geschlagen: Der 33 Jahre alte Italiener gewann die 109. Auflage des ersten großen Frühjahrsklassikers Mailand-San Remo als Solist.
Zunächst bestimmten aber neun Ausreißer das Geschehen des 294 Kilometer langen Rennens. Bei starkem Regen ließ es das Feld erst einmal etwas ruhiger angehen und gewährte der Gruppe ein Vorsprung von bis zu sieben Minuten. Nach und nach schwanden aber die Kräfte der Ausreißer, der Vorsprung wurde zusehends kleiner und als die Cipressa, der vorletzte Anstieg des Tages errreicht war, wurden die letzten vier von ihnen 30 Kilometer vor dem Ziel zurückgeholt.
Das Finale war zu dem Zeitpunkt schon längst eröffnet. Das Peloton, das wegen des langsamen Starts noch recht groß war, schlug ein hohes Tempo an, um sich einiger Sprinter zu entledigen. Dem fiel auch Marcel Kittel (Katusha-Alpecin) zum Opfer, der erstmals bei Mailand-Sanremo an den Start gegangen war. Aber viele von ihnen, darunter André Greipel (Lotto-Soudal), Arnaud Démare (Groupama-FDJ), Mark Cavendish (Dimension Data), Caleb Ewan (Mitchelton-Scott) und Weltmeister Peter Sagan waren noch vorne dabei.
Bei der Anfahrt zum Poggio übernahm Greipels Lotto-Soudal-Team die Tempoarbeit im Feld, um seinen Sprinter in Position zu bringen, Groupama-FDJ sorgte ebenfalls für ein hohes Tempo.
Kurz bevor der letzte Berg erreicht war, ereignete sich ein schwerer Sturz im Feld. Mark Cavendish prallte auf einen Straßenpoller, überschlug sich und landete auf dem Rücken. Rund zehn weitere Fahrer kamen ebenfalls zu Fall. Cavendish wurde noch vor Ort behandelt. Derzeit ist noch offen, ob er sich dabei schwerer verletzte. Der Brite war ohnehin nach seinem Sturz bei Tirreno-Adriatico mit gebrochener Rippe ins Rennen gegangen.
Am Fuße des Poggio erhöhte Bora-hansgrohe das Tempo. Der Deutsche Meister Marcus Burghardt konnte sich dabei sogar kurz zusammen mit Jean-Pierre Drucker (BMC) absetzen. Als beide Rennfahrer wieder eingeholt waren, griff Krists Neilands (Israel Cycling Academy) rund einen Kilometer vor dem Gipfel an und Vincenzo Nibali setzte nach. Als er aufgeschlossen hatte, attackierte Nibali direkt wieder und ließ Neilands, der kurz darauf wieder in Feld zurückfiel, stehen. Mit rund zehn Sekunden Vorsprung überquerte der Italiener den Gipfel. Auf der Abfahrt konnte er noch einmal ein paar Sekunden herausholen und schaffte es, auf den letzten 2,5 ebenen Kilometern zum Ziel auf der Via Roma in Sanremo seinen Vorsprug zu verteidigen - wenn auch knapp.
Auf der Zielgeraden kamen ihm die Sprinter näher und näher und letztlich blieben Vincenzo Nibali nur noch rund zehn Meter Vorsprung. Caleb Ewan und Arnaud Démare wurden auf den Plätzen zwei und drei schließlich zeitgleich mit dem Ausreißer gewertet. Peter Sagan wurde Sechster, Michal Kwiatkowski Elfter. «Als Nibali attackierte, bin ich bei den anderen Sprintern geblieben, da wir dachten, dass es zu einem Massensprint kommen würde. Aber Nibali hat gezeigt, welche Klasse er hat. Er hat verdient gewonnen und dieser Sieg ist wichtig für Italien und den italienischen Radsport», so Sagan.
Greipel hatte mit dem Ausgang des Rennens nichts mehr zu tun. Er war auf der Abfahrt des Poggio mit weiteren Fahrern gestürzt und beendete das Rennen nicht. Es besteht derzeit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch.