Innsbruck (dpa) - Auf der Steigung im Gnadenwald wird sich entscheiden, ob Tony Martin noch einmal eine WM-Medaille in den Beinen hat.
«Ich würde mich über Platz drei freuen, mich aber auch mit vier oder fünf abfinden», sagte der viermalige Zeitfahr-Weltmeister vor dem 52,5 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr am Mittwoch in Innsbruck. Maximilian Schachmann, sein Zimmernachbar im deutschen Mannschafts-Quartier, zählt zu Martins Konkurrenten im Kampf um Bronze.
Der 33 Jahre alte Wahlschweizer rechnet damit, dass Titelverteidiger Tom Dumoulin aus den Niederlanden und der frühere Stunden-Weltrekordler Rohan Dennis aus Australien Gold unter sich ausmachen werden: «Dahinter ist alles offen und es gibt zwei Hände voll aussichtsreicher Kandidaten».
Zu diesem Kreis zählt er sich und den frisch gekürten Team-Weltmeister aus Berlin, den Martin in höchsten Tönen lobt. «Max ist eines der größten deutschen Talente mit viel Potenzial. Am Sonntag im Teamzeitfahren war er extrem stark», schwärmte der arrivierte Radprofi vom Newcomer, der wie Martin vom Erfurter Jörg Werner gemanagt wird.
Vor dem Rennen am Mittwoch auf dem schwierigen Parcours gab sich Schachmann in der Jägerstube des Teamhotels in Fügen betont zurückhaltend: «Ich will in den Prognosen nicht so hoch hinaus, die Tagesform entscheidet. Der Kurs ist zweigeteilt: Erst Highspeed, dann bergig». Die Entscheidung wird wohl rund 20 Kilometer vor dem Ziel beim fünf Kilometer langen Aufstieg im Gnadenwald fallen.
Martin, der in dieser Saison bislang nur mit dem Sieg bei den deutschen Meisterschaften im Zeitfahren aufwarten konnte, fühlt sich fit. Der überstandene Wirbelbruch, der ihn nach einem Sturz auf der 8. Etappe zur Aufgabe der Tour de France zwang, mache «überhaupt keine Probleme» mehr. «Ich habe fünf, sechs Wochen gut trainiert und hatte schon bei der Tour of Britain keinerlei Beschwerden mehr», sagte Martin, der das Katusha-Alpecin-Team wahrscheinlich in Richtung LottoNL-Jumbo verlassen wird.
Der neue Zweijahresvertrag trug wohl vor allem zu Beruhigung bei: «Meine sportliche Zukunft ist gesichert - darüber freue ich mich. Es sind noch ein paar Kleinigkeiten zu klären, dann werden wir den Wechsel offiziell bekanntgeben», sagte der Routinier einen Tag vor dem WM-Rennen gegen die Uhr. Sein Karriereende scheint nach Martins Planung noch in weiter Ferne zu liegen: «Wer sagt denn, dass es in zwei Jahren zu Ende ist?»
Während sich der gebürtige Lausitzer schon vorsichtig Gedanken über die Zeit danach machen wird, zählt für Senkrechtstarter Schachmann im Moment nur das Hier und Jetzt. Auf die Frage, wie er denn einen Tag nach der überaus anstrengenden Fahrt zum Teamgold trainiert habe, antwortete er: «Vollgas natürlich». Diese Devise soll dem 24 Jahre alten EM-Dritten von Glasgow auch im Titelrennen durch den Gnadenwald helfen.