Molina de Aragon (rad-net) - Fabio Jakobsen ist mit dem Sieg der vierten Etappe bei der diesjährigen Vuelta a España wieder vollkommen im Profi-Peloton angekommen. In seiner Sieger-Pressekonferenz erklärte der Niederländer, dass sein Erfolg bei der spanischen Grand Tour nun das «Ende meines Comebacks» bezeichne.
Jakobsen war vergangene Saison bei der Polen-Rundfahrt schwer gestürzt, nachdem sein Landsmann Dylan Groenewegen (Jumbo-Visma) ihn bei einem Bergab-Zielsprint in die Seitenbarrieren abgedrängt hatte. Der Fahrer von Deceuninck-Quick Step wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus in Kattowitz gebracht, wo er anschließend in ein künstliches Koma versetzt wurde. Nach rund einer Woche wurde der Profi anschließend in seine Heimat, die Niederlande, gebracht, wo er weitere drei Wochen auf einer Intensivstation verbrachte.
Damals dachte kaum jemand an eine Rückkehr des 24-Jährigen in das professionelle Peloton, doch nach einer Reihe von rekonstruktiven Operationen startete Jakobsen im April bei der Türkei-Rundfahrt sein Comeback. «In den ersten Rennen war ich natürlich etwas ängstlich in den Massensprints, denn die sind einfach hektisch», erinnerte sich der Sprinter an seine ersten Wettbewerbe rund acht Monate nach dem Unfall. «Die Geschwindigkeit ist extrem hoch und die Möglichkeit zu stürzen ist immer da. Aber sobald ich wusste, dass ich physisch bereit war, konnte ich testen, ob ich meine mentale Stärke noch hatte.»
Nach der Türkei-Rundfahrt bestritt Jakobsen die Volta ao Algarve sowie das Critérium du Dauphiné, bevor er vergangenen Monat an der Tour de Wallonie teilnahm. Abseits vom Rampenlicht gewann der Fahrer hier bereits zwei Etappen im Massensprint, die seine physische und mentale Verfassung schließlich bestätigten: «Ich war bereits bei der Tour de Wallonie erfolgreich, wo ich gemerkt habe, dass ich körperlich fähig zu gewinnen und auch mental in der richtigen Position dafür bin. Ich war zuversichtlich und ich denke, dass es das ist, was die physische und mentale Seite zusammenbringt. Ich war wieder in der Lage, einen Massensprint zu gewinnen.»
Kurz vor der Vuelta gab sein Team Deceuninck-Quick Step dann bekannt, Jakobsen als Kapitän in die Spanien-Rundfahrt zu schicken. Mit diesem Vertrauensvorschuss seiner Mannschaft war ein Etappensieg bereits am Sonntag in Burgos für den Fahrer zum Greifen nahe, doch im Ziel musste sich Jakobsen seinem Kontrahenten Jasper Philipsen (Alpecin-Fenix) geschlagen geben. Nur zwei Tage später startete der Niederländer im leichten Bergauf-Finish in Molina einen zweiten Versuch und erreichte nach einer Tempoverschärfung auf den finalen hundert Metern schließlich das Ziel als Erster.
«Wir können alle sagen, dass dies das Ende meines Comebacks ist», erklärte Jakobsen nach seinem Etappensieg. «Ich habe vor zwei Jahren bei der Vuelta damit angefangen, bei Grand Tours zu gewinnen und nun hier zu sein und einen Massensprint zu gewinnen… Auch wenn der Unfall immer ein Teil meines Lebens bleiben wird, so kann ich ihn nun hinter mir lassen und wieder auf die Sprintankünfte gehen, denn das ist es, worin ich gut bin.»
Teamkollege Florian Sénéchal, der vergangenes Jahr als einer der ersten am Unfallort Jakobsens eingetroffen war und dort um das Leben seines Kameraden kämpfte, gratulierte seinem Kollegen gestern als einer der Ersten. Im Anschluss an das Rennen erklärte der Franzose, dass Jakobsen seine Rückkehr niemals in Frage gestellt habe: «Er hat seine Mentalität nie verloren, es war stets eine gute Atmosphäre. [...] Er sagte immer: 'Ich kann zurückkommen. Ich trainiere jetzt zwar nur leicht, aber ich werde sicher zurückkommen und ich werde stärker zurückkommen.'»
Seinen gestrigen Sieg widmete Jakobsen im Anschluss Bjorg Lambrecht. Der Fahrer war 2019 ebenfalls bei der Polen-Rundfahrt gestürzt und anschließend seinen Verletzungen erlegen. «Ich würde diesen Sieg gerne Bjorg Lambrecht widmen, denn er ist nicht mehr bei uns», erklärte Jakobsen. «Ich denke, er ist im Himmel und lächelt von dort auf uns herab. Dieser Erfolg ist auch für ihn und seine Familie.»