Utrecht (dpa) - Der Radsport bleibt beim Publikum der Renner. Im Land von Louis van Gaal herrschte zum Auftakt des 93. Giro d'Italia auf den Straßen in Amsterdam Ausnahmezustand.
Über 400 000 ausgelassen feiernde Fans empfingen die zweitwichtigste Radrundfahrt mit einem Volksfest in oranje und rosa. Auch Regen und tiefe Temperaturen konnten die Fans, die an der Zeitfahrstrecke durch die Innenstadt zwischen Reichsmuseum und Olympiastadion Spalier standen, nicht abkühlen.
«Das war grandios. Die Atmosphäre hat mich an den Tour de-France- Start in London 2007 erinnert», sagte der Brite Bradley Wiggins, der sich im 8400 Meter langen Zeitfahren das erste Rosa Trikot geholt hatte. Ähnliche Stimmung herrschte auch im vergangenen September beim Start der Vuelta in Assen, wo die Zuschauerzahlen in die Höhe schnellten und selbst spanische Begeisterung in den Schatten stellten. Die Stadtväter in Amsterdam waren für den Ansturm gerüstet: Die Zuschauerbrücken aus Stahl, die die abgesperrten Straßen überwanden, waren extra mit Laufschienen für die schweren Holland-Räder versehen, damit das Publikum in der Stadt der Fahrradfahrer auf keinen Fall an Mobilität einbüßte.
«Alle hundert Meter habe ich Zigarettenqualm und Bier gerochen. Die Menschen feierten ausgelassen und bejubelten vom ersten bis zum letzten Fahrer jeden, egal aus welchem Land er kam - das war fantastisch», freute sich Wiggins über die Party am Straßenrand. Es ist nicht bekannt, ob die feine Nase des Briten auch jenen Rauch registrierte, der aus den vielen Amsterdamer Coffeeshops drang, in denen legal Marihuana und Haschisch geraucht werden darf. Auch der deutsche Doppelmeister Fabian Wegmann ließ sich nicht die Laune vermiesen, obwohl ihm mitten in der rasenden Fahrt eine Taube an den Helm geflogen war und ihn gehörig aus dem Rhythmus brachte.
In der überbordenden Freude über den gelungenen Ausflug in den Norden stellte die «Gazzetta dello Sport», die im Verlag des Giro-Veranstalters RSC erscheint, fest: «Die Begeisterung in Amsterdam hat eine neue Energie freigesetzt, um die Jahre der Polemik zu überwinden. Aus dem ganzen Land waren sie gekommen - es hat einem das Herz geöffnet.» Das Blatt sprach da sicher so manchem Tifosi aus dem Herzen. Auch die großen Tour-Skandale von 1998 und in den Jahren von 2006 bis 2008 hatten die Zuschauer kaum abgehalten.
«Das war unglaublich», freute sich Giro-Boss Angelo Zomegnan, der in zwei Jahren mit dem geplanten Start in Washington Radsport-Feeling aus den Hochburgen auch in die USA transportieren will.