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Christopher Froome muss das Gelbe Trikot zweimal durch L'Alpe d'Huez tragen. Foto: Nicolas Bouvy
17.07.2013 13:58
Zwei Mal L'Alpe d'Huez: Ausnahmezustand vorpgrogrammiert

Chorges (dpa) - Die Veranstalter sprechen von einer Sensation, die Fahrer schwanken zwischen Vorfreude und Angst. Auf den 21 berühmtesten Serpentinen der Welt erklimmt die Jubiläums-Tour ihre Höchstschwierigkeit.

Erstmals in der 110-jährigen Geschichte der Frankreich-Rundfahrt klettern Christopher Froome und Co. am Donnerstag gleich zweimal während einer Etappe den legendären Anstieg ins Radsport-Mekka L'Alpe d'Huez hinauf. Der Ausnahmezustand ist programmiert: Rund 1,5 Millionen Radsport-Fans werden den Berg in eine einzige Partyzone verwandeln. Den Radprofis graut dagegen vor allem vor der Abfahrt vom anschließenden Col de Sarenne, der das Doppel-Spektakel überhaupt erst möglich macht. Ein Sturz dort könnte lebensgefährlich sein.

«Wenn man dort eine Kurve nicht richtig nimmt, fällt man sehr, sehr tief», warnt Spitzenreiter Christopher Froome vor der gefährlichen Talfahrt. Der Brite hat die schmale Straße mit dem unebenen Belag bereits einmal im Training und bei der Dauphiné-Rundfahrt im Juni erlebt.

Die Strecke über den Col de Sarenne ist der einzige Weg von L'Alpe d'Huez zurück ins Tal, um die 21 Spitzkehren hinauf noch einmal in Angriff nehmen zu können. «Ich hoffe, dass niemand ein zu hohes Risiko geht», sagte Froome. Wer erlebt hat, wie riskant der derzeit zweitplatzierte Spanier Alberto Contador am Dienstag bereits vom weit weniger gefährlichen Col de Manse hinunter gerast ist, wird diese Hoffnung kaum teilen.

Auch Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin plädiert für Vernunft entlang der steilen Schluchten. Der 28 Jahre alte Wahlschweizer gehört zu den schärfsten Kritikern der Streckenführung. «Ich kenne keine Abfahrt mit diesem Gefahrenpotenzial und hätte keine Probleme die Sache ruhiger angehen zu lassen und nur darauf zu achten, nicht aus dem Zeitlimit zu fallen», sagte Martin. «Mein Leben ist mir lieber.»

Für Organisatoren und Zuschauer des großen Tour-Jubiläums ist dieser Tag die Krönung der Feierlichkeiten zur 100. Auflage des Rennens. Bereits am Mittwoch war entlang der Strecke hinauf nach L'Alpe d'Huez kein Platz mehr zu bekommen. Zelte und Wohnmobile belagerten jedes Fleckchen Erde. Die Aussicht auf die grandiose Stimmung in dieser «Südkurve des Radsports» weckt auch bei den Profis große Vorfreude - aller Bedenken zum Trotz.

«Ich hoffe, dass ich zumindest das zweite Mal genießen kann und nicht an das Zeitlimit denken muss», sagte Tourdebütant John Degenkolb, der den Anstieg bislang selbst nur als Fan erlebt hat. 2004 gehörte er als 15-Jähriger zu rund einer Million Zuschauern, die das Bergzeitfahren live miterlebten. Damals stürmte der inzwischen wegen Dopings lebenslang gesperrte Lance Armstrong die 13,8 Kilometer als Schnellster hinauf und gewann vor Jan Ullrich und Andreas Klöden.

Zum 28. Mal in der Geschichte der Tour endet in diesem Jahr eine Etappe auf der Alpe, alles andere als ein gemütlicher Skiort. Erster Sieger dort war 1952 der Italiener Fausto Coppi. Danach dauerte es bis 1976, ehe die Rundfahrt erneut Station auf 1850 Meter Höhe machte. Seitdem kommt die Tour regelmäßig in L'Alpe d'Huez vorbei. Die Namen der Etappensieger sind in den 21 rücklaufend nummerierten Kehren auf Tafeln verewigt.

In den Kurven 21 und 19 steht heute noch der Name Armstrong zu lesen, der dort auch 2001 gewonnen hatte. «Es gab heiße Diskussionen darum, die Tafeln zu entfernen. Aber wir haben uns dagegen entschieden», erklärte der Bürgermeister von L'Alpe d'Huez, Jean-Yves Noyrey, der Nachrichtenagentur dpa. Auch der 2004 an einer Überdosis Kokain gestorbene Italiener Marco Pantani hat noch seine Ehrentafeln. Der «Pirat» fuhr den Anstieg 1997 in nur 37:35 Minuten hinauf - bis heute die schnellste Zeit.

In den Siebziger und Achtziger Jahren dominierten die Niederländer. Acht Etappensiege von niederländischen Profis haben den Anstieg zum «Berg der Holländer» gemacht. Auch in diesem Jahr bevölkern wieder hunderttausende «Oranje»-Fans die Strecke. Aus den Niederlanden sind eigens neun Polizisten angereist, damit die bierselige Stimmung nicht zu sehr aus den Fugen gerät. Diese wird während der Etappe ihren Höhepunkt erreichen und vermutlich auch nackte Tatsachen produzieren. «Wenn nur halb so viele Frauen ihre Brüste zeigen wie Männer ihre Ärsche, bin ich glücklich», sagte Degenkolb am Ruhetag der dpa.


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