Berlin/München (dpa) - Bei T-Mobile sollen Fahrer im Jahr 2006 durch Eigenblut-Doping manipuliert haben - im laufenden Jahr werde im Bonner Radrennstall nach Aussage des Kronzeugen Patrik Sinkewitz hingegen nicht mehr systematisch gedopt.
Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» soll am Eigenblut-Doping im Jahr 2006 auch die sportmedizinische Abteilung der Uni-Klinik Freiburg direkt beteiligt gewesen sein, bei der die inzwischen suspendierten, ehemaligen T- Mobile-Teamärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid tätig waren. Darüber berichtete die Zeitung und zitierte den Molekular- Biologen und Anti-Doping-Aktivisten Werner Franke: «Hier scheint, wenn in Zukunft alles aufgeklärt ist, der Beweis für eine kriminelle Szene im Radsport vorzuliegen - auch im deutschen, auch bei T- Mobile.»
Sinkewitz geht nicht davon aus, dass im Magenta-Rennstall derzeit mit Kenntnis der Teamleitung gedopt wird. Das erklärte der Anwalt Peter Barth, der in seiner Funktion als Richter des Verbands- Sportgerichts den Ex-T-Mobile-Profi vernommen hatte. «Herr Sinkewitz sagte, dass aus seiner Sicht bei T-Mobile die Verabreichung von Doping-Mitteln erledigt ist. Wir wundern uns, wie Herr Franke derartige Aussagen machen kann, wenn er der Anhörung von Herrn Sinkewitz nicht beigewohnt hat», sagte Barth der Deutschen Presse-Agentur dpa und nahm auch Bezug auf die «SZ». Franke könnte seine Informationen von Rechtsanwalt Michael Lehner erhalten haben, der den Molekular-Biologen ebenso vertritt wie Sinkewitz.
Nach den neuen Veröffentlichungen werde «intern über mögliche Konsequenzen gesprochen», sagte Christian Frommert, der Kommunikations-Chef des Sponsors T-Mobile, der am 9. August die Verlängerung seines Radsport-Engagements bis 2010 bekanntgegeben hatte. Der Geldgeber des zweiten deutschen Top-Rennstalls Gerolsteiner steigt nach der Saison 2008 aus dem Sponsoring aus.
Nach dem Ausschluss von Jan Ullrich, Oscar Sevilla und Ullrich- Intimus Rudy Pevenage unmittelbar vor dem Start der Tour de France 2006 in Straßburg wegen Doping-Verdachts sei nach Erkenntnissen der Zeitung «die systematische Betrugsarbeit planmäßig weitergeführt» worden. Teile der Mannschaft, die am Ende in Frankreich die Teamwertung gewann, sollen drei bis vier Tage vor dem Tourstart zur Behandlung bei der Freiburger Uni-Sportmedizin gewesen sein. Der bei T-Mobile inzwischen entlassene Sinkewitz, der vor dem Sportgericht des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) fast sechs Stunden umfänglich ausgesagt hatte, soll vor allem von Heinrich behandelt worden sein.
Die Schilderung des ehemaligen T-Mobile-Profis vor den BDR- Instanzen soll sich laut «Süddeutsche» auch auf wiederholtes Doping mit Eigenblut im Laufe der Tour de France vor einem Jahr bezogen haben. Das Bonner Team, das von August 2006 an eine neue Philosophie vertrat und ein selbst geschaffenes, hartes und transparentes Anti- Doping-System mit zum Teil neuen Fahrern, neuem Management und anderen Ärzten lautstark propagierte, hatte sich von Schmid und Heinrich im Frühjahr 2007 getrennt.
Im Anschluss daran wurde der Ukrainer Sergej Gontschar, der T- Mobile-Star der Tour 2006 mit zwei Etappensiegen und zwei Tagen im Gelben Trikot, wegen auffälliger Blutwerte von der Mannschaftsleitung entlassen. Danach wurde Sinkewitz in der Tour-Vorbereitung für 2007 positiv auf Testosteron getestet und der Italiener Lorenzo Bernucci wegen der Benutzung eines Appetitzüglers vor die Tür gesetzt.