Cesenatico (dpa) - In einer bewegenden Trauerfeier hat Italien Abschied von seinem Rad-Idol Marco Pantani genommen. Zehntausende Fans und viele Radsport-Kollegen erwiesen einem der beliebtesten und zugleich umstrittensten Sportler des Landes die letzte Ehre.
Der von Dopingskandalen, Prozessen, gescheiterten Comebacks und Depressionen zermürbte Tour de France- und Giro d'Italia-Sieger wurde im engsten Familienkreis in seiner Heimatstadt Cesenatico auf dem Friedhof San Giacomo Apostoli zu Grabe getragen.
«Möge er seine wichtigste Etappe gewinnen - den Einzug ins Paradies», sagte Bischof Antonio Lanfranchi. Vor der von neuen Vorwürfen und Ermittlungen überschatteten Beisetzung waren bereits Zehntausende an dem mit Pantanis gelben und rosafarbenen Siegertrikots geschmückten Sarg vorbeigezogen. Seine Eltern legten die Hand auf den hellen Holzsarg, auf den die Geburts- und Todesdaten eingraviert waren und erwiesen ihrem Sohn die letzte Ehre. In Cesenatico stand das öffentliche Leben still, alle Geschäfte waren geschlossen.
Neben Mitgliedern seines letzten Rennstalls «Mercatone Uno» und vielen anderen Fahrern waren auch der Giro-Sieger von 2002, Stefano Garzelli, sowie die Weltmeister Gianni Bugno und Francesco Moser in der kleinen Kirche in der Nähe der Badestrände erschienen. Außerdem kamen Ex-Fußball-Nationaltrainer Azeglio Vicini sowie Ski-Star Alberto Tomba. Sprintstar Mario Cipollini war schon am Morgen an den Sarg von Pantani gekommen. Andere wie sein ehemaliger Team-Kollege Claudio Chiappucci schickten Kränze.
Die Giro-Organisatoren kündigten an, in Erinnerung an seine legendären Antritte jährlich eine Bergetappe nach Pantani zu benennen. In diesem Jahr wird die Etappe am Mortirolo dem früheren Bergspezialisten gewidmet sein. «Wir werden dich in Erinnerung behalten», titelte die «La Gazzetta dello Sport».
Am Rand der Trauerfeier wurden erneut Vorwürfe laut, Justiz und Medien hätten den sensiblen Sportler in den Tod getrieben. «Geht weg, ihr habt ihn umgebracht», rief Pantanis verzweifelte Mutter Tonina den Reportern am Sarg ihres Sohnes zu. Felice Gimondi wiederholte die Vorwürfe gegen die italienische Justiz. «Marco ist von sechs bis sieben Staatsanwaltschaften ins Visier genommen worden», sagte Pantanis früherer Sportlicher Leiter.
Der Bürgermeister von Aulla, Lucio Barani, kündigte an, Pantani ein Denkmal mit der Aufschrift «Ermordet von einer heuchlerischen Sportjustiz» zu setzen. «Marco lädt alle ein, ihr Gewissen zu befragen, was in und um den Sport herum geschieht», mahnte auch Bischof Lanfranchi. Unter großem Beifall der Tausende vor der Kirche sagte Cesenaticos Bürgermeister Damiano Zoffoli: «Sein Leidensweg begann am 5. Juni 1999 in Madonna di Campiglio». An diesem Tag wurde Pantani als Spitzenreiter unter Doping-Verdacht aus dem Giro genommen.
Ob sich Pantani in Rimini selbst tötete, bleibt bis zum Abschluss der gerichtsmedizinischen Analysen in rund zwei Wochen weiter ungeklärt. Staatsanwalt Paolo Gengarelli leitete jedoch jetzt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein, um Hinweisen auf eine mögliche Kokainsucht Pantanis nachzugehen. Sollte der bislang noch ungeklärte Tod des Radprofis durch eine fatale Wechselwirkung von Drogen und Psychopharmaka verursacht worden sein, könnte der Drogendealer für Pantanis Tod zur Verantwortung gezogen werden.
Kurz vor seinem einsamen Rückzug in das Hotel «Le Rose» in Rimini, in dem er gestorben ist, hatte Pantani 20 000 Euro abgehoben, die nicht mehr aufzufinden sind. Dies werten die Ermittler als einen Hinweis auf Kontakte zur Drogenszene. Rimini gilt als Drogenzentrum der italienischen Adria.