Madrid (dpa) - Im Finale seiner Karriere geht der nach Siegen gerechnet erfolgreichste aktive Radprofi der Welt noch einmal neue, vielleicht riskante Wege.
Der 35-jährige Erik Zabel fährt im nächsten Jahr für die neu geschaffene italienisch-deutsche Formation Milram und verlässt dafür nach 13 erfolgreichen Jahren T-Mobile. Der deutsche Branchenführer hatte Zabel zuletzt neben Jan Ullrich immer weniger Platz gelassen und ihn in diesem Jahr zum ersten Mal nach elf Jahren nicht mit zur Tour de France genommen - erster Auslöser für den Wechsel. «Das neue Team ist ein Motivationsschub für mich», sagte Zabel.
Zweiter Topfahrer in der Formation, die die ProTour-Lizenz der italienischen Domina Vacanze-Equipe bis 2009 übernimmt, ist Alessandro Petacchi. «Zabel soll sich würdig von der Tour verabschieden», sagte Team-Marketingleiter Jörg Strenger (Leipzig) in Madrid. «Wir sind gut aufgestellt», sagte Vize-Weltmeister Zabel, der nach dem Ende seiner sportlichen Karriere beim Hauptsponsor ein weiteres Betätigungsfeld finden soll: «Diese Perspektive ist Bestandteil des Vertrages», sagte der Berliner, der nicht bestätigte, ob er auch eine Prämie erhalten wird, wenn er in Madrid Weltmeister wird und ab 2006 als Titelträger für Milram fahren würde: «Dazu sage ich nichts.»
«Zur Zeit haben wir neun deutsche und 11 italienische Fahrer unter Vertrag. Sportlich gibt es bei den Kapitänen eine klare Präferenz: Erik konzentriert sich auf die Tour, Alessandro auf den Giro. Bei Mailand-San-Remo, wo Zabel vier Mal gewann und Petacchi in diesem Jahr triumphierte, hat Alessandro in einem Gespräch angedeutet, dass er dem älteren Zabel den Vortritt lassen würde», sagte Strenger, der das vom Bremer Nordmilch-Konzern gesponserte Team kaufmännisch begleitet.
Teamchef wird der bisherige Domina Vacanze-Chef Gian-Luigi Stanga, der für die Mannschaft mit seiner Firma Cyclo-Sport auch die Finanzmittel in den Händen hält. Dem Italiener untergeordnete sportliche Leiter sind Michael Schiffner und Andreas Petermann (beide Leipzig). Beide waren bisher im Zweitliga-Team von Wiesenhof engagiert.
Über die finanzielle Ausstattung der neuen Formation - Schätzungen gehen von mindestens sechs Millionen Euro pro Jahr aus - sprachen die Sponsoren im Kongresszentrum von Madrid nicht. «Wir sind erfolgsorientiert und haben das Team so ausgestattet, dass es an der Weltspitze wettbewerbsfähig ist. Die Mannschaft ist ausreichend gesichert», sagte Konzernleiter Stephan Tomat. Der Bekanntheitsgrad der Produktlinie Milram sei noch «nicht ausreichend». Zabel und Petacchi sollen helfen, in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien mehr Milch, Joghurt und Käse der Marke zu verkaufen. Nordmilch machte 2004 einen Jahresumsatz von zwei Milliarden Euro.
«Damit haben wir keine Probleme», sagte Tomat zur politischen Vergangenheit Strengers, der zu DDR-Zeiten als Major der Staatssicherheit in Leipzig tätig war. «Ich habe Herrn Strenger als sehr umtriebigen und verlässlichen Partner kennen gelernt und bin froh, dass er dabei ist», erklärte Tomat. Ein ehemaliger Team-Kollege Zabels hatte die neue, ungewöhnliche Allianz zwischen Italienern und Sachsen im Scherz umschrieben: «Stasi trifft Mafia.»