Zolder (dpa) - Erik Zabel flog beruhigt in den wohlverdienten Familien-Urlaub. An der Spitze der Weltrangliste dürfte ihm nach seiner WM-Bronzemedaille von Zolder kaum noch Gefahr drohen.
«Außer, der zweitplatzierte Paolo Bettini beginnt, in den letzten Saisonrennen in Italien noch zu fliegen», meinte Zabel. Die zweite Überwinterung am Platz an der Sonne steht für den beständigsten deutschen Radprofi also bevor. Der Ärger über die entgangene Silbermedaille, die sich der rabiate Australier Robbie McEwen im heißen Sprint gegen Zabel «erboxt» hatte, war beim Telekom-Kapitän noch zu spüren: «Der Titel war nicht drin, aber Silber.»
Alles andere als ruhig wird es demnächst beim neuen Weltmeister Mario Cipollini zugehen. Auch nach dem Rennen auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Zolder reagierte der 35-jährige WM-Debütant blitzschnell und lieferte einen weiteren Beweis seines PR-Geschicks. Zur Pressekonferenz fuhr der Exzentriker aus der Toskana auf seinem neuen, in den Regenbogenfarben gespritzten Fahrrad vor. Die italienische Presse schwelgte in höchsten Tönen. Die «Gazzetta dello Sport» machte das WM-Rennen zum nationalen Wettkampf: «Cipollini holt den Titel in die Heimat zurück.» «La Stampa» titelte: «Der alte Löwe springt auf den Thron.»
Zu Hause warten jetzt endlose Feiern und Vertragsverhandlungen auf Cipollini. Die Goldmedaille von Zolder wird ihm die Suche nach einem neuen, potenten Sponsor erheblich erleichtern. Vermutlich wird er große Anteile der italienischen WM-Prämie in Höhe von 50 000 Euro für jeden seiner elf Mitstreiter aber ohnehin aus der Portokasse zahlen können. Im Finale konnte er sich in der selten so einigen Squadra Azzurra sogar auf seinen sonstigen Intimfeind Alessandro Petacchi verlassen. Die «Gazzetta» schwärmte: «Großartiges Italien.»
Seinen großen Sprüchen («Ich bin der Superfavorit und nicht zu schlagen») folgten Taten. Damit krönte Cipollini die perfekte WM-Inszenierung, die im März mit seinem ersten Sieg bei Mailand-San Remo begann. Schon vor sieben Monaten sprach er vom Titel in Zolder. Auf dem Weg dahin sammelte der jetzt in seiner 13-jährigen Profi-Karriere 181 Mal erfolgreiche Italiener unter anderen sechs Etappensiege beim Giro und feierte einen Klassiker-Erfolg bei Gent-Wevelgem.
Im Juli erfolgte Cipollinis merkwürdiger Rücktritt, der die Konkurrenz und wahrscheinlich auch die eifrigen einheimischen Doping-Fahnder überraschen sollte. 99 Tage später tat er seinen Sinneswandel kund und startete bei der Spanien-Rundfahrt. Bei der Vuelta gewann Cipollini drei Etappen und war für Zolder gerüstet. Aus Merdingen im Schwarzwald spendete am Sonntag sogar Jan Ullrich Lob: «Mario war nicht zu schlagen. Der Beste hat gewonnen.»