Rotterdam (dpa) - Nach einer furiosen Fahrt durch Rotterdam hat Frühstarter Tony Martin zum Auftakt der Tour de France den deutschen «Doppelsieg» nur knapp verpasst.
Zwei Stunden nachdem die DFB-Kicker ins WM-Halbfinale gestürmt waren, musste sich der 25 Jahre alte Radprofi aus Eschborn im Prolog der 97. Tour de France einzig Zeitfahr-Olympiasieger Fabian Cancellara geschlagen geben. Der Columbia-Fahrer war nur zehn Sekunden langsamer als der Schweizer, der den 8,9 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr in 10:00 Minuten für sich entschied und sich das erste Gelbe Trikot holte. Dritter wurde der Schotte David Millar vor Superstar Lance Armstrong.
«Ich habe immer gesagt: Cancellara ist der Mann des Prologs», sagte Martin, der im Ziel von seiner Freundin über den verpassten Sieg hinweggetröstet wurde. Der Blondschopf sicherte sich immerhin das Weiße Jersey des besten Nachwuchsfahrers, das er bereits im Vorjahr zwölf Tage lang getragen hatte.
Lange Zeit hatte der 3:06 Stunden vor Cancellara gestartete Martin auf das erste Maillot Jaune seiner Karriere hoffen dürfen. «Ich im Gelben Trikot und die deutschen Fußballer im Halbfinale - das wäre fantastisch für Deutschland», hatte der auf dem «heißen Stuhl» des zwischenzeitlichen Spitzenreiters sitzende Martin gesagt. Einzig Cancellara, der schon das vierte Mal zum Tour-Auftakt jubelte, verhinderte den ersten deutschen Prologsieg seit 1977 durch Didi Thurau.
Martin hatte sich bei dem Wetter-Poker in der niederländischen Hafenstadt für eine frühe Startnummer entschieden. Als Elfter rollte der deutsche Zeitfahrmeister um 16.25 Uhr von der Rampe im Zuiderpark - und die Rechnung schien aufzugehen. Früh setzte Martin vor rund 500 000 Zuschauern die Bestmarke, an der sich viele Sieganwärter die Zähne ausbissen, bis Cancellara als vorletzter Starter vor Titelverteidiger Contador den Rundkurs in Angriff nahm und seine Favoritenstellung eindrucksvoll bestätigte.
Zweitbester deutscher Starter wurde Milram-Kapitän Linus Gerdemann, der als Zehnter 35 Sekunden auf Cancellara verlor. Rekord-Champion Armstrong begann als starker Vierter seine letzte Frankreich-Rundfahrt und konnte im Prestigeduell mit dem Spanier Contador, der als Sechster fünf Sekunden langsamer als der Texaner war, überraschend punkten.
Martin war extra früh gestartet, um den für den frühen Abend prognostizierten Niederschlägen auszuweichen. Dies klappte nicht, denn auch schon bei seiner Fahrt war die Strecke regennass. «Dazu hatten wir uns vor zwei Tagen nach den Wetterberichten entschieden», meinte die Tour-Entdeckung von 2009 dennoch und fügte hinzu: «Mit etwas mehr Risiko wäre es sicher schneller gegangen, aber die Tour hat ja erst angefangen und ich will heil in Paris ankommen.»
Neben dem Hoffen auf Gelb war noch etwas neu für den Wahl- Schweizer. Erstmals wurde im Zuge der neuen Maßnahmen gegen angebliche Motor-Manipulationen sein Dienstfahrzeug nach der Zieldurchfahrt kontrolliert. «Dass mein Rad nach dem Rennen gescannt wird, begrüße ich. Jeder soll die gleichen Bedingungen haben», meinte er gelassen, nachdem die Wahl per Los auf ihn gefallen war. Künftig sollen bei der Tour nach jeder Etappe zwischen 5 und 15 Fahrräder überprüft werden.