Amsterdam (dpa) - Der geschmeidige Moderator wies die versammelten Journalisten bei der Auftakt-Pressekonferenz des Giro d'Italia schon nach kurzer Zeit auf die besonderen Benimmregeln hin: «Bitte keine Fragen zu Doping, Fragen Sie etwas zur Taktik oder zur Vorbereitung der Fahrer.»
Auf dem Podium des schmucklosen Nebenraums im Olympiastadion hatte da schon eine illustre Gruppe von Fahrern Platz genommen: Dort saßen die ehemaligen Dopingsünder Alexander Winokurow, Ivan Basso, Gilberto Simoni und Stefano Garzelli einträchtig neben den offiziell noch unbescholtenen Carlos Sastre, Cadel Evans und Damiano Cunego.
Ein Journalist ließ kurz das Sieger-Podium der vergangenen Italien-Rundfahrten Revue passieren - Nummer zwei (di Luca) und drei (Pellizotti) von 2009 gesperrt, genau wie der Sieger von 2007 - und stellte dann die D-Frage. Winokurow, bei der Tour mit Blutdoping aufgeflogen, schaute scheinbar unbeteiligt zur Deckenleuchte, der Gesprächsleiter intervenierte, Basso aber ließ sich nicht das Wort verbieten und duldete kein Schatten auf seinem Namen.
«Seit meiner Rückkehr aus der Dopingsperre im vergangenen Jahr versuche ich mit kompletter Transparenz alle Werte von mir offenzulegen. Ich arbeite hart und ohne Drogen», sagte der Giro-Gewinner von 2006. Basso, Teamkollege des kürzlich suspendierten Italieners Franco Pellizotti, gab zu, mit dem mutmaßlichen Doping-Mediziner Eufemiano Fuentes zusammengearbeitet zu haben, aber die Dopingabsicht nicht ungesetzt zu haben.
Auch dieser Giro, die zweitgrößte Radsport-Party der Welt nach der Tour, wirft die alte Frage auf: Wie lange halten die erzielten Platzierungen und Leistungen Prüfungen der Dopingjäger stand? Und tut zum Beispiel der hartnäckige Leugner Winokurow, der gerade nach zweijähriger Abstinenz ein fulminantes Comeback feierte und zu den Topfavoriten bei diesem Giro zählt, dem stark angeschlagenen Image der Branche gut.
Dem Ansehen des Radsports macht auch der Name Alejandro Valverde schwer zu schaffen. Als Weltranglistenerster darf der in Italien wegen Dopings gesperrte Spanier vorerst weiter fahren, obwohl ihm mit einiger Sicherheit nach einem noch ausstehenden Spruch des Internationalen Sportgerichtshofes CAS ein weltweites Fahrverbot droht. Das fordern seit längerem der Weltverband UCI und die Anti-Doping-Agentur WADA.
Linus Gerdemann, der in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vorsichtig anbot, sich als «gläserner Athlet» Beaufsichtigung rund um die Uhr gefallen zu lassen, verwies auf dpa-Anfrage auf die Rechtslage: «Winokurow wurde verurteilt und hat die Strafe abgesessen, also darf er starten». Es sei allerdings diskutabel, «ob zwei Jahre Sperre reichen».