Berlin (dpa) - Er wird die Startnummer drei tragen. Jan Ullrich bereitet sich intensiv auf den Ötztal-Marathon - das Nonplusultra für engagierte Hobbyradsportler - an diesem Sonntag im österreichischen Sölden vor.
Der Ablauf der Doping-Sperre gegen den einstmals hochverehrten deutschen Radprofi am Donnerstag dürfte sein Tun in keiner Weise beeinflussen. Der einzige deutsche Tour de France-Sieger und mehrfach entlarvte Doper ist seit 2007 kein Profi mehr und dem Metier nur noch als Radler für wohltätige Zwecke verbunden. Dass sich das von Donnerstag an ändern könnte, ist wenig wahrscheinlich. Ullrich im Management eines Profiteams? Schwer vorstellbar.
Nach Ablauf seiner rückwirkenden Zwei-Jahres-Sperre, die der Internationale Sportgerichtshof CAS im Vorjahr wegen Ullrichs Verbindungen zum Dopingarzt Eufemiano Fuentes ausgesprochen hatte, darf er auch in seinem Geburtsland wieder radeln. Dies bestätigte eine Sprecherin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Sportjuristisch gibt es wegen Verjährung keine Handhabe mehr gegen ihn, obwohl nach den Erhebungen einer französischen Senats-Kommission zu den Vorkommnissen der Tour 1998 klar ist, dass Ullrich nicht erst in den 2000er Jahren mit der Hilfe von Fuentes manipuliert hat. Es ist belegt, dass der gebürtige Rostocker ein Jahr nach seinem Toursieg 1997 mit EPO gedopt hat, genau wie der 1998 vor ihm platzierte, inzwischen verstorbene Toursieger Marco Pantani.
Anders als sein damaliger, ebenfalls durch den Senatsbericht überführter Teamkollege Erik Zabel legte Ullrich kein verspätetes Geständnis ab. Ebenso wie er einem Gespräch mit der nationalen Anti-Doping-Agentur NADA aus dem Weg ging. «Wir hatten uns darum bemüht, aber er lehnte ab. Das ist der aktuelle Stand», sagte am Dienstag NADA-Sprecherin Eva Bunthoff. Ullrich verharrt weiter auf dem Stand vom Juni diesen Jahres, als er seiner ursprünglichen Einlassung, «mit Fuentes Kontakt gehabt zu haben» lediglich ein Detail hinzufügte. Er gab Manipulation mit Eigenblut (ohne EPO-Anreicherung) zu. Doping-light quasi.
Die Phalanx der umfassend Geständigen seiner Generation - Insider Rudolf Scharping nannte diese Zeit als Verbandspräsident das «verseuchte Jahrzehnt» - ist lang. Rolf Aldag, Christian Henn, Udo Bölts, Jörg Jaksche, Andreas Klier, Grischa Niermann, und inzwischen Zabel gehören neben anderen dazu. Ullrich nicht - er bleibt auch in dieser Beziehung im Abseits. Seine Zeit, reinen Tisch zu machen, ist verstrichen. Der Olympiasieger von Sydney wird sein Image des schlecht beratenen, ewig zaudernden Zeitgenossen mit Erinnerungslücken nicht mehr los.
Der Pharmakologe Fritz Sörgel will von Ullrich nichts mehr hören. «Bitte keine Tränen- und Betroffenheitsgeständnisse mehr. Man hat diese Heucheleien mit Wort und dazu passender Minen so unglaublich satt», sagte Sörgel der Nachrichtenagentur dpa und fügte hinzu: «Es würde reichen, wenn aus den sogenannten Beichten seiner anderen Mitbetrüger (Armstrong, Jaksche, Zabel etc.) eine Tabelle der Dopingmethoden- und mittel gemacht würde und Ullrich Häkchen macht, was auch er genommen hat». Für den Wissenschaftler war Ullrich «Teil eines Schwerstbetrugssystem, in dem er sich nicht als Betrüger gesehen hat».
Dem auf Schweizer Seite am Bodensee lebenden Ullrich war der Auftritt vor breiter Öffentlichkeit nie wichtig, teilweise sogar ein Greuel. Der Familienvater tröstet sich damit, dass er in Kreisen der Hobbyradler und vieler Fans von seinem Glanz wenig verloren hat. In Sölden ist er stets umschwärmter Hahn im Korb. An einer Beschäftigung im Profizirkus hat er nach früherer Auskunft seines Beraters Falk Nier «keinerlei Interesse».