Madrid (dpa) - Dopingarzt Fuentes, der den Rug eines Doping-Gurus hatte, hat jahrelang Dutzende Radrennfahrer und andere Sportler betreut, in der Szene war er ein Star. Im Prozess gegen den berüchtigten Mediziner will heutzutage aber kaum jemand Fuentes gekannt haben.
Im Prozess um die «Operación Puerto» bestritten mehrere frühere spanische Radprofis energisch, zu den rund 200 Kunden gehört zu haben, die der 57-jährige angeklagte Mediziner allein zwischen 2003 und 2006 betreut haben soll. Als einziger der vier befragten Zeugen räumte Isidro Nozal am Dienstag in Madrid ein, er habe Fuentes kennengelernt. Wie Joseba Beloki, Unai Osa und David Etxebarría versicherte er jedoch, er habe nie wissentlich unerlaubte Mittel und auch niemals die Dienste von Fuentes zur Leistungssteigerung in Anspruch genommen.
Die Richterin Julia Patricia Santamaría sei ob ihrer Aufgabe «nicht zu beneiden», sagte aus London der Generalsekretär der Welt-Antidoping-Agentur WADA, David Howman. Und die spanische Zeitung «ABC» kritisierte in ihrer Onlineausgabe das, was sie als «Omertá», als offensichtliches «Stillschweigeabkommen» unter den Radsportlern bezeichnete.
Howman meinte unterdessen vor Journalisten, der Prozess wäre ohne das «beharrliche Drängen» der WADA zwar vermutlich nie zustande gekommen. Nun müsse man aber der spanischen Justiz vertrauen, die Beweise würden langsam zutage treten, so der Anwalt aus Neuseeland.
Den Zeugen wurden am Dienstag in Madrid zwar Papiere und Trainings- Pläne vorgelegt, die bei Fuentes beschlagnahmt worden waren und die aufgrund von Kürzeln wie «JB», «BLK», «ETB» und «UNAI» auf eine mögliche Zusammenarbeit der vier Ex-Profis mit Fuentes hindeuten könnten. Aber alle bestritten entschlossen jeden Zusammenhang. «Ich weiß von nichts» und «kann mich nicht erinnern» lauteten oft die Antworten. Nozal (35) war 2009 während der Portugal-Rundfahrt der Benutzung des Blutdopingmittels EPO überführt worden, er beschuldigt aber heute immer noch seinen damaligen Arzt, der ihn seinerzeit nicht über die EPO-Zuführung informiert habe.
Anders als die Spanier hatte der frühere deutsche Radprofi Jörg Jaksche am Montag Fuentes schwer belastet. Bei den Bluttransfusionen, denen er sich bei Fuentes unterzogen habe, sei es nur darum gegangen, «die Vorschriften zu umgehen», sagte der 36-Jährige. Jaksche widersprach Aussagen des Mediziners, dieser habe sich ausschließlich um die Gesundheit der von ihm betreuten Sportler gesorgt. Der Ansbacher, der 2007 Doping gestanden und 2008 seine Karriere beendet hatte, war der erste Ex-Kunde von Fuentes, der in den Zeugenstand trat. Als belastender zeuge bleibt er aber allein auf weiter Flur.
Der zweimalige Tour-de-France-Sieger Alberto Contador ist für den 22. Februar vorgeladen. Entgegen seinem Antrag muss der Spanier persönlich in Madrid erscheinen und kann nicht wie mehrere andere Zeugen per Video-Schaltung eine Aussage machen. Contador, der ebenfalls mit Fuentes in Verbindung gebracht worden war, ehe sein Name aus den Polizeiunterlagen verschwand, ist Zeuge der Verteidigung. Er fuhr 2006 für das Team Liberty Seguros des Mit-Angeklagten Manolo Saiz.
In dem Prozess geht es formal nicht um Doping, weil dies 2006 noch kein Straftatbestand in Spanien war. Fuentes und vier Mitangeklagten wird die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit vorgeworfen. Der 57 Jahre alte Mediziner beteuerte, er habe Bluttransfusionen bei Hochleistungssportlern vorgenommen, weil deren Blut bei Wettkämpfen einen gefährlich niedrigen Hämatokritwert aufgewiesen habe.