Rifugio Gardeccia (dpa) - Begleitet von Pfiffen und Buhrufen strebt Alberto Contador seinem zweiten Gesamterfolg beim Giro d'Italia entgegen. Der 28-jährige Spanier kam auf der Königsetappe über fünf schwere Dolomiten-Berge auf Platz drei ins Ziel auf dem Rifugio Gardecca.
Nach seinen starken Auftritten im Gebirge zweifelt nun schon eine Woche vor dem Ziel in Mailand niemand mehr am Erfolg des umstrittenen Spaniers.
«Das war die härteste Etappe, die ich je gefahren bin», sagte Contador am Sonntag im Ziel. Am Ende des 6,5 Kilometer langen Schluss-Anstieges gewann der Baske Mikel Nieve vor dem früheren Doping-Sünder Stefano Garzelli aus Italien. Mit 1:51 Minuten Rückstand kam Contador im strömenden Regen auf dem Rifugio an, baute aber seinen Vorsprung im Gesamtklassement weiter aus.
«Ich bin sehr erschöpft. Es gab einen sehr schweren Moment im Rennen, in dem ich mich sehr allein gefühlt habe. Aber ich habe mir meine Kraft gut eingeteilt und bin mit dem Resultat zufrieden», sagte Contador. Da sein bisheriger Verfolger Vincenzo Nibali erst als Siebter mit 3:34 Minuten Rückstand auf den Pass kletterte, rückte dessen italienischer Landsmann Michele Scarponi vom Lampre-Team auf Rang zwei des Klassements vor. Er hat 4:20 Minuten Rückstand auf Contador, Nibali als Dritter nun schon 5:11.
Der zweite Platz kann noch sehr bedeutsam werden, falls Contador seinen Doping-Prozess vor dem Sportgerichtshof CAS am 8. Juni verliert und dann vielleicht der Giro-Zweite mit reichlich einwöchiger Verspätung noch ins Rosa Trikot aufrückt.
Die italienischen Fans verliehen ihrem Ärger auf Contador mit zahlreichen Missfallens-Kundgebungen Ausdruck. Zum einen quittierten sie mit Pfiffen, dass die Jury tags zuvor ganz im Sinne Contadors die Abfahrt vom Monte Crostis aus dem Streckenprofil genommen hatte. Zum anderen musste sich Contador Schmähungen anhören und sogar mit Feuerzeugen bewerfen lassen, weil er sich geweigert hatte, beim Anstieg auf den Zoncolan Führungsarbeit zu leisten und dann mit einem Schlussantritt seinen Konkurrenten Nibali stehen ließ.
Nibali hatte noch vor dem Start Contadors Verhalten als «überaus respektlos» kritisiert und warf ihm eine Verletzung des Ehrenkodex vor. Saxo-Teamchef Bjarne Riis zeigte sich irritiert von den Attacken gegen Contador. «Die Italiener sind total sauer und haben ihrem Frust Ausdruck verliehen. So etwas habe ich noch nie erlebt», meinte der Däne.