Berlin/Köln (dpa) - Die Wahrscheinlichkeit nimmt zu, dass Jan Ullrich in der kommenden Saison nicht mehr für Telekom fährt. Trotz angeblicher Zahlungs-Schwierigkeiten bei Coast ist ein möglicher Wechsel des Olympiasiegers in das Essener Radsport-Team ein Thema.
Coast-Manager Marcel Wüst bestätigte Kontakte zu Ullrich und dessen Interessen-Vertreter Wolfgang Strohband, der von einem möglichen «vollkommenen Neuanfang» für Ullrich sprach. «Ich hatte Gespräche mit Strohband und habe mit Jan telefoniert, als er nach der Tour aus den USA zurückgekommen war. Ein gesunder Ullrich, der auch im Kopf wieder hundertprozentig fit ist, wäre für jedes Team ein Thema - besonders für ein deutsches. Er hat mit sich und der Tour noch eine Rechnung offen», sagte Wüst. Mit CSC Tiscali interessiert sich mindestens eine weitere Mannschaft für Ullrich.
Wüst will zunächst die laufenden Verhandlungen zwischen dem Tour-Sieger von 1997 und seinem bisherigen Arbeitgeber Telekom abwarten. «Jan soll überlegen, ob er nicht einen vollkommenen Neuanfang startet oder eine neue Motivation braucht», sagte sein Manager Strohband am Donnerstag beim Internetanbieter Sport1. «Er denkt darüber intensiv nach», erklärte der Hamburger weiter.
Der größte deutsche Rennstall will den mit Ullrich bis Ende 2003 laufenden Vertrag in einen leistungsbezogenen Kontrakt umwandeln. Der Olympiasieger, der nach seiner zweiten Knie-Operation noch nicht auf dem Rad trainieren kann, und Strohband haben noch nicht zugestimmt. Seit Festsetzung der Doping-Sperre gegen Ullrich bis zum 23. März 2003 während der Tour de France hatten die Bonner die monatlichen Zahlungen an den 28 Jahre alten Doppelweltmeister im Zeitfahren aus Merdingen eingestellt.
Laut Wüst seien die weiteren Zahlungen des amerikanischen Coast-Co-Sponsors «Powerade» bis inklusive 2003 gesichert. Differenzen über die Vergütung der eingefahrenen Weltranglisten-Punkte mit einigen Fahrern, darunter Alex Zülle, seien beigelegt, so Wüst. Allerdings hat der Schweizer seinen Vertrag, anders als angekündigt, bisher ebenso wenig verlängert wie der Spanier Fernando Escartin.
«Ende des Monats setzen wir uns zusammen - wir wollen beide halten», so Wüst, dem ein Aufschub der geplanten Unterschriften wegen des «schwebenden Verfahrens» mit Ullrich ins geschäftliche Kalkül passen könnte.