Berlin (rad-net) - Berlin ist vom 26. Februar bis 1. März Schauplatz der Bahn-Weltmeisterschaften. Burckhard Bremer organisiert als Projektleiter für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) die Titelkämpfe. Das Fahrrad hat das Leben des 73-Jährigen bestimmt: 1961 begann er beim BRC Endspurt Berlin seine Karriere. Nach der aktiven Zeit wechselte er die Seiten und arbeitete ehren- und hauptamtlich im Radsport, unter anderem von 2001 bis 2011 als BDR-Sportdirektor. Seit 2016 leitet Bremer das WM-Projekt in Berlin, dem 2017 die Europameisterschaft, 2018 ein Weltcup und 2019 die deutschen Meisterschaften vorausgingen.
Herr Bremer, was ist das Faszinierende am Bahnrad? Nicht nur für Sie, auch für die Zuschauer der WM?
Burckhard Bremer: Die Zuschauer sind beim Bahnradsport ganz dicht am Geschehen dabei, haben im Gegensatz zu Straßenrennen immer das komplette Rennen im Blick. Faszinierend sind für mich die Geschwindigkeiten - in den Sprint-Wettbewerben geht es in der Spitze über 80 km/h schnell. In den Massenwettbewerben wie Madison und Punktefahren kommt es aber neben der Power auch auf taktisches Geschick an - hier sind komplette Rennfahrer gefordert.
Erwarten Sie ein besonderes Highlight bei der kommenden WM?
Bremer: Ich freue mich sehr auf die Verfolger-Disziplinen, im Einzel und der Mannschaft, bei Männern wie Frauen. Deutschland hat gerade bei den Männern in diesen Disziplinen immer eine führende Rolle gehabt - bei der Heim-WM 1999 blieben beide Titel in Berlin. Robert Bartko war damals das Zugpferd, wurde ein Jahr später Doppel-Olympiasieger. Nach einem Tief hat der deutsche Männer-Vierer, den viele immer noch als das Flaggschiff sehen, wieder Anschluss an die Weltspitze gewonnen und zuletzt mehrfach den deutschen Rekord verbessert. Auch international ist das Niveau im Winter 2019/2020 extrem gestiegen - ich denke, die Goldmedaille geht in Berlin nur mit Weltrekord weg. Auch bei den Frauen hat es unter Bundestrainer André Korff einen enormen Aufschwung gegeben. Die Mannschaft um Franziska Brauße kann in Berlin eine Medaille gewinnen - das war vor zwei Jahren völlig undenkbar.
Wie viele Nationen treten zur WM an?
Bremer: Bei der WM vor einem Jahr in Polen waren 47 Nationen am Start. Ich rechne in Berlin mit mehr als 50 Ländern, weil zuletzt auch «Exoten» wie Indien, Nigeria oder Surinam in den Bahnradsport drängten. Außerdem ist die WM letzte Möglichkeit, sich für die Olympischen Spiele im Sommer 2020 in Tokio zu qualifizieren.
Wie groß ist der Frauenanteil bei der WM?
Bremer: Es gibt 20 Entscheidungen an den fünf Tagen, jeweils zehn für Frauen und Männer. Da hat der Weltverband UCI in den letzten Jahren viel getan, um ein Gleichgewicht herzustellen. Ein weiteres Beispiel: Die Mannschaftsverfolgung der Frauen wird seit 2014 auch mit vier Fahrerinnen wie bei den Männern ausgetragen, vorher waren es drei Sportlerinnen. Von daher ist die Verteilung in etwa gleich. Wir rechnen insgesamt mit etwa 400 Sportlerinnen und Sportlern in Berlin.
Wie viele Besucher erwarten Sie?
Bremer: Der Vorverkauf läuft überraschend gut, wir sind in einigen Blocks schon ziemlich voll. Besonders am Freitag, Samstag und Sonntag gehen wir vor einem ausverkauften Velodrom und einer ähnlichen Stimmung wie 1999 aus - bei der WM war die Atmosphäre wirklich elektrisierend und ist von den Zuschauern auf die Sportler übergesprungen. Momentan gibt es aber noch für alle Tage und Kategorien Tickets.
Was sind Highlights auf der Rennstrecke?
Bremer: Wie gesagt: Die Verfolger-Wettbewerbe versprechen ein besonderes Niveau, die Sprinter-Wettkämpfe sind extrem schnell. Ein besonderes Highlight wird aber sicher am Finaltag das Zweiermannschaftsfahren. Die beiden Berliner Roger Kluge und Theo Reinhardt konnten 2018 und 2019 den WM-Titel im Madison gewinnen und gehen als Titelverteidiger an den Start. Das wird bestimmt sehr emotional - für die Fahrer, die Zuschauer, aber auch für mich.
Was sind Highlights neben der Rennstrecke?
Bremer: Wir wollen die Besucher auch abseits der Rennen unterhalten. Es wird täglich Talk- und Autogrammstunden mit den deutschen Fahrerinnen und Fahrern geben, die ihre Wettkämpfe abgeschlossen haben. Zusammen mit den Berliner Sixdays geht das sogenannte «Kids Race» in eine neue Runde. Das macht den Kindern und Eltern immer sehr viel Spaß. Ich persönlich freue mich sehr auf den «Tag der Weltmeister». Am Donnerstag laden wir alle ehemaligen deutschen Bahnradsport-Weltmeister der vergangenen 50 Jahre nach Berlin ein. Da sind tolle Namen dabei - von Didi Thurau über Lutz Heßlich bis Jens Fiedler. Ich hoffe, möglichst viele finden den Weg nach Berlin.