Madrid (dpa) - Positiv oder nicht positiv? Die Gegenprobe im Dopingtest für Roberto Heras, den diesjährigen Gewinner der Spanien- Rundfahrt, ergab bisher keine klare Antwort. Die Wissenschaftler begannen daher den Analyse-Vorgang von vorn.
Der spanische Radprofi protestierte: «Das Nachweisverfahren ist nicht zuverlässig.» Sein Anwalt José María Buxeda verlangte, die B-Probe sofort abzubrechen und den viermaligen Vuelta-Sieger vom Dopingverdacht freizusprechen. «Man kann nicht solange weiter analysieren, bis irgendwann das gewünschte Resultat auftaucht.»
Das Ergebnis von Heras' B-Probe wird nun für Freitag erwartet, aber der Wirrwarr hat schon jetzt Konsequenzen. Der Kampf gegen das Doping erlitt einen Rückschlag, der angekratzte Ruf des Radsports nahm weiteren Schaden. Wie auch immer die Analysen in dem Madrider Speziallabor ausgehen, Zweifel werden in jedem Fall bleiben. «In dieser Sache stinkt etwas, und das ist nicht der Urin von Heras», meint der Kolumnist Paco González.
Der Rekordgewinner der Vuelta war auf der vorletzten Etappe der Spanien-Rundfahrt 2005 positiv auf das Blutdopingmittel EPO getestet worden. Die Kontrolleure hatten ihn im Visier, weil Heras nach seinem schwachen Abschneiden bei der Tour de France sich in der Heimat plötzlich in Glanzform präsentiert und sich nach einem Sturz ungewöhnlich schnell von den Verletzungen erholt hatte.
Vom Ausgang der Gegenprobe hängt für die 31-jährige Radsport-Größe mehr als nur der gute Ruf ab. Bei einem positiven Befund würde Heras der Vuelta-Sieg aberkannt. Zudem drohte ihm eine zweijährige Sperre, die wahrscheinlich das Ende seiner Profi-Karriere bedeutete. Er und sein Anwalt gründeten ihre Strategie von Anfang an darauf, die Zuverlässigkeit des EPO-Nachweises in Zweifel zu ziehen.
EPO (Erythropoietin) vermehrt die Zahl der roten Blutkörperchen, so dass der Körper mehr Sauerstoff transportieren kann. Die Wissenschaftler stehen beim Nachweis vor dem Problem, dass sie das auf natürliche Weise vom Körper produzierte EPO von dem künstlich gewonnenen Stoff trennen müssen. «Das Verfahren ist sehr aufwendig und erfordert 170 Arbeitsschritte», erläutert der Experte Jordi Segura. «Da können immer Fehler passieren. Dies gereicht aber den Sportlern zum Vorteil. Wenn nur geringste Zweifel bestehen, wird ein Befund nicht als positiv bewertet.» Die A-Probe war vor Veröffentlichung des positiven Befundes zur Sicherheit von drei Laboren analysiert worden.
Das Hin und Her um den Dopingtest von Heras gibt den Gegnern des EPO-Nachweises neuen Auftrieb. Die Liste der Sportler, die unter Dopingverdacht gerieten, dann aber freigesprochen wurden, ist lang. Der italienische Radprofi Fabrizio Guidi war erst am 31. Juli in Hamburg positiv auf EPO getestet worden, die Gegenprobe war aber negativ. Der Mittelstreckenläufer Bernard Lagat, Olympia-Zweiter über 1500 Meter, verklagte den Weltverband IAAF in Köln auf eine halbe Million Euro Schadensersatz, weil er fälschlicherweise unter Blutdoping-Verdacht geraten war.
«Vielleicht wird Heras als nächster in die Liste der 'falschen Dopingfälle' aufgenommen», mutmaßt die spanische Nachrichtenagentur EFE.