Termoli (dpa) - Jens Voigt gefällt es beim Giro d'Italia. «Ein schönes Rennen. Einfacher als die Tour de France. Es gibt weniger Stress und weniger Stürze. Man fährt einen langsameren Schnitt, und gleich die erste Gruppe geht weg.»
Der Giro, den der Berliner Radprofi aus dem dänischen CSC-Team des Topfavoriten Ivan Basso mit 34 Jahren zum ersten Mal absolviert, ist damit genau die richtige Vorbereitung für die Tour de France. Dort soll Voigts italienischer Kapitän das Lance-Armstrong-Erbe antreten.
Geplant war das Giro-Engagement nicht. Doch dann brachten eine Schulterverletzung, zwei Operationen und der daraus resultierende Trainingsrückstand den Kalender des eigentlichen Frühstarters gewaltig durcheinander. «Ich hatte keine Form und war nur als Helfer eingeteilt.» Es tat ihm weh, so schlecht zu sein: «Da bist du Radsportler des Jahres und fährst dann wie eine Bleiente herum.» Als die Form endlich kam, bat ihn Basso, beim Giro seine Stütze zu sein.
Zwei gute Zeitfahren brachten Voigt sogar in die Nähe des Rosa Trikots, und es nahte eine lange Etappe mit einigen Anstiegen, die für den Powerfahrer Voigt maßgeschneidert schien. Er zuckte vielleicht, als es losging, aber er hielt still. «Als mich Teamchef Bjarne Riis gefragt hat, ob ich den Giro fahren will, war mir mit aller Konsequenz klar: Das hier ist die Ivan-Basso-Show.» Eigene Ambitionen müssen zurückstehen - zumal nach Bassos Galavorstellung. Mit dem Armstrong-Rezept «Generalangriff auf der ersten Bergetappe» schockte er die gesamte Konkurrenz.
Voigt meint, ihm falle das inzwischen nicht mehr schwer. «Ich habe einige Rennen in meiner Laufbahn gewonnen, große, kleine und mittlere. Ich habe mehrfach diesen köstlichen Moment erlebt, allein in das Brausen der Zuschauer zu fahren, mit dem Wissen, gegen das gesamte Feld, gegen alle Chancen eine Etappe gewonnen zu haben.» Da könne er auch einmal ein Jahr drangeben für den großen Plan von CSC, den Giro und die Tour in einer Saison zu holen.
Die Schwierigkeiten sind ihm klar. «Wir wissen auch, dass es von uns mutig ist, beide Rundfahrten mit einem Fahrer gewinnen zu wollen, der noch nicht einmal eine der beiden je gewonnen hat. Aber du musst dir große Ziele setzen.» Voigt weiß: «Wenn wir Giro und Tour gewinnen, sagen alle: CSC ist schlau. Doppelstrategie ist angesagt. Wenn wir zwei Mal was auf den Latz kriegen, heißt es: Sind die doof bei CSC, Doppelstrategie - so was Blödes.»
So ähnlich könnte es laut Voigt Jan Ullrich bei der Tour in sechs Wochen ergehen: «Gewinnt er, wird man sagen, so musst du das machen: wenig Rennen im Frühjahr, auf die Tour konzentrieren und große Gänge fahren.» Beim Giro-Zeitfahren am Donnerstag kann Voigt nur für sich fahren. Nach Giro und Tour als Mannschafts-Diener winkt ihm ein «goldener Herbst» als Individualist: «Ich habe freie Hand für Hessen- Rundfahrt, Deutschland-Tour und Polen-Rundfahrt.»