Montélimar (dpa) - Die völlig verrückt verlaufene 13. Etappe wird in die Geschichte der Tour de France eingehen.
Eine zweiköpfige Spitzengruppe, aus der Jens Voigt in Montélimar zum zweiten Tour- Etappensieg seiner Karriere spurtete, hatte im Ziel des längsten diesjährigen Tagesabschnitts 29:57 Minuten Vorsprung auf ein von der Hitze wie gelähmtes Hauptfeld. Der Amerikaner Floyd Landis, der mit seinem merkwürdig inaktiven Team bei 44 Grad Celsius über die Ziellinie schlich, verlor sein Gelbes Trikot an Oscar Pereiro, der jetzt 1:29 Minuten Vorsprung vor ihm hat. Der Spanier hatte gegen Voigt den Spurt um den Tagessieg im Glutofen von Montélimar verloren.
Vor fünf Jahren hatte der unermüdliche Kämpfer Voigt, der den 54. Tageserfolg eines deutschen Profis bei der Tour perfekt machte, in Seraing seine erste Etappe gewonnen. Der ungewöhnliche Ausgang der 230 Kilometer langen Etappe hatte zum einen sicher mit der kaum zu ertragenden Hitze und den kommenden Alpen- Etappen zu tun, für die die Favoriten auf den Gesamtsieg Kräfte sparen wollten. «Das war sehr merkwürdig. Die schwache Phonak- Mannschaft von Landis ist ihrer Pflicht nicht nachgekommen, den Abstand zu den Führenden zu verkleinern, und die Hauptarbeit zu machen. Aber ich glaube nicht, dass die Tour gegen Landis damit gelaufen ist. Die Alpen werden noch weitere Überraschungen bringen», meinte Hans-Michael Holczer, der Team-Manager von Gerolsteiner.
Das Feld mit Landis' Team Phonak an der Spitze machte erst 30 Kilometer vor dem Ziel ein bisschen mehr Tempo als die Stunden davor - viel zu spät, um die kleine Katastrophe abzuwenden. Im Gegensatz zu Pereiro war Voigt für Landis mit 1:01:28 Stunden Rückstand am Start in Béziers keine Gefahr. Die Abstände der im Gesamtklassement besten deutschen Profis Andreas Klöden (T-Mobile/7.) und Markus Fothen (Gerolsteiner/12.) zu Landis haben sich nicht verändert.
Voigt kam die Konstellation der Kräfte im Peleton entgegen. Nachdem sein Kapitän Ivan Basso wie Jan Ullrich vor der Tour wegen Dopingverdachts suspendiert worden war, hatte der in Berlin lebende Radprofi aus Mecklenburg-Vorpommern von seinem Teamchef Bjarne Riis «Grünes Licht» für Attacken erhalten.
Voigt war im Ziel völlig aufgedreht: «Das ist der vielleicht glücklichste Tag in meinem Leben. Ich bin gar nicht müde. Ich könnte gleich nochmal aufs Rad steigen. Das war heute für unser Team nach den Vorfällen zu Beginn und den Stürzen die Wende», sagte Voigt, der sich freute, «dass mein fünfter Ausreiß-Versuch bei dieser Tour endlich zum Erfolg» geführt hat.
Nach vergeblichen Versuchen an den Vortagen schlug endlich Voigts großer Tag. Voigt, der im ersten Tour-Zeitfahren in Rennes nach 52 Kilometern Letzter geworden war und dabei wohl Kräfte konserviert hatte, setzte sich mit vier Fahrern bereits 21 Kilometer nach dem Start ab. Im Ziel hatten Voigt und Pereiro ein Hitze-Solo von 209 Kilometern hinter sich. Den Ukrainer Andrej Griwko aus Erik Zabels Milram-Team hatten 25 Kilometer vor dem Ziel die Kräfte verlassen - er fiel aus der Spitzengruppe zurück. Die übrigen beiden mussten 2,5 Kilometer vor dem Ziel passen.
«Alle sind müde - und diese Hitze. Das war eine gute Möglichkeit für Jens. Er ist darauf spezialisiert», sagte Voigts CSC-Sportchef Allain Gallopin, nachdem sich der Vorsprung der Ausreißer immer mehr stabilisiert hatte. Im Vorjahr hatte «Flucht-Spezialist» Voigt zum zweiten Mal nach 2001 das Gelbe Trikot für einen Tag getragen.
Im Schlussspurt in Montélimar ließ der erfahrene Kämpfer nichts anbrennen und verwies Pereiro auf Platz zwei. Die übrigen beiden Ausreißer Sylvain Chavanel (Frankreich) und Manuel Quinzato (Italien) hatte Voigt 2,5 Kilometer vor dem Ziel durch einen beherzten Antritt abgehängt.