Berlin (dpa) - Das juristische Verwirrspiel um Jan Ullrich geht weiter. Der des Dopings verdächtigte Radprofi, über dessen bevorstehenden Rücktritt agemutmaßt wird, hat bereits zum Jahresende in Spanien Einspruch gegen ein Rechtshilfeverfahren der deutschen Justiz erhoben.
Das geht aus einem Eintrag vom 23. Februar auf seiner Homepage hervor. Dieser Einspruch der Ullrich-Anwälte ist wahrscheinlich der Grund, warum die dem Olympiasieger von Sydney zugerechneten Blutproben des mutmaßlichen Dopers Eufemiano Fuentes nicht zum DNA-Abgleich nach Deutschland gelangen.
«Trotz unserer Bemühungen haben wir die zugesagten Blutbeutel immer noch nicht in unserem Besitz. Einen Einspruch gegen unser Rechtshilfe-Ersuchen kann ich nicht bestätigen. Die Einträge auf der Ullrich-Homepage sind mir neu», sagte Jörg Schindler von der zuständigen Staatsanwaltschaft Bonn, die Ermittlungen im Zuge einer Klage wegen Betrugs zu Ungunsten des früheren Ullrich- Arbeitgebers T-Mobile gegen den Radprofi führt.
Monatelang hatte sich Ullrich geweigert, eine Speichelprobe abzugeben, mit der er die gegen ihn gerichteten Doping-Anschuldigungen leicht hätte entkräften können. Nach einer Haussuchung in seinem Haus in der Schweiz musste der 33-Jährige bei der dortigen Polizei im November 2006 eine Speichelprobe abgeben. Seine Anwälte blockierten deren Weitergabe an die Bonner Behörden durch Einspruch gegen ein Rechthilfe-Verfahren. Im neuen Jahr gab Ullrich freiwillig eine Speichelprobe in Konstanz ab, die jetzt aber offensichtlich auch nicht mit dem in Spanien vorliegenden Gen-Material abgeglichen werden kann.
«Falsch ist die Behauptung, dass Jan Ullrich jetzt Rechtsmittel gegen die Herausgabe der in dem Verfahren gegen spanische Ärzte beschlagnahmten Blutbeutel eingelegt habe. Tatsächlich geht er in Spanien bereits seit Ende vergangenen Jahres gegen ein umfangreiches Rechtshilfeersuchen insgesamt vor», hieß es auf Ullrichs Internetseite, auf der auch einer seiner mittlerweile mindestens drei Anwälte zitiert wird.
Der Grund für das Vorgehen gegen das Rechtshilfe-Verfahren liege laut Ullrich-Anwalt Ulrich Theune auf der Hand: «Die Nutzung der Ermittlungen gegen die spanischen Ärzte zu verfahrensfremden Zwecken ist skandalöser Ausdruck ungehemmter Behördenwillkür. Die Berichte der Guardia Civil enthalten eine bunte Mischung aus haltlosen Behauptungen, Mutmaßungen und Verdächtigungen. Sie sind rechtswidrig erstellt, rechtswidrig verbreitet und bewusst verfälschend interpretiert worden. Aus diesem Grund laufen derzeit in Spanien mehrere Ermittlungsverfahren gegen leitende Beamte der Guardia Civil, insbesondere wegen der Verfälschung von Beweismitteln.»
Die spanische Polizei entlarvte den Mediziner und mutmaßlichen Doper Fuentes im Mai 2006. Im Zuge der folgenden Ermittlungen tauchten Indizien gegen 51 Radprofis, darunter Ullrich, auf. Deshalb wurde dem gebürtigen Rostocker und acht weiteren Profis der Start zur Tour de France verweigert. Zwei Tage vor Tourende wurde Ullrichs Vertrag mit T-Mobile wegen Doping-Verdachts fristlos gekündigt. Für den 26. Februar hat der Toursieger von 1997 zu einem Pressegespräch nach Hamburg («ohne Fragen») eingeladen, bei dem Ullrich Stellung zu seiner Zukunft nehmen will.