Arras (dpa) - Lance Armstrong ist auf seiner Rekordfahrt zum sechsten Tour-de-France-Sieg bereits auf der 4. Etappe ins Gelbe Trikot geschlüpft.
Weder staubiges Kopfsteinpflaster am Vortag noch sintflutartiger Regen zu Beginn des 64,5 km langen Team-Zeitfahrens von Cambrai nach Arras konnten den 32-jährigen Texaner aufhalten. Die 4. Etappe gestaltete er mit seinem Team zur Triumphfahrt und nahm Jan Ullrich nach dem Prolog weitere 40 Sekunden ab. US Postal mit Armstrong am Regiepult gewann die gefährliche Regenfahrt in 1:12:03 Stunden vor dem Tyler-Hamilton-Team Phonak (1:13:10), Illes Balears (1:13:18) mit dem Erfurter Daniel Becke und T-Mobile (1:13:22). Ullrich liegt jetzt im Gesamtklassement bereits 55 Sekunden hinter Armstrong.
Das neue Reglement sorgte allerdings dafür, dass die Abstände der hinter US Postal platzierten Teams die tatsächlichen Rückstände außer Acht ließen und Ullrich sogar noch gut wegkam. Das zweitplatzierte Team kassierte vorher festgelegte 20 Sekunden, das dritte 30 Sekunden, das 21. wurde mit drei Minuten belastet. Im Vorjahr hatte Telekom auf das Siegerteam US Postal 1:30 Minuten eingebüßt, Ullrich mit Bianchi 43 Sekunden.
«Ich bin recht zufrieden. Die Defekte von Aldag und Guerini haben uns sicher 30 Sekunden gekostet», sagte Ullrich, der nach eigener Aussage seinen Sturz im letzten Tour-Zeitfahren des Vorjahres «immer im Kopf hatte». Armstrong, der seine unmittelbaren Konkurrenten nach Prolog und Kopfsteinpflaster-Etappe erneut bestrafte, strahlte dagegen über das ganze Gesicht: «Das war heute perfekt. Ich habe wirklich ein Superteam. Wir sind verhalten gestartet und haben dann beschleunigt. Es war sehr wichtig zuletzt zu starten, da hatten wir alle Zeiten der Konkurrenz. Das Trikot werden wir in den nächsten Tagen sicher nicht um jeden Preis verteidigen.» Nach der Zieldurchfahrt umarmte er jeden Team-Kollegen.
«55 Sekunden Rückstand sind nicht wenig, aber die Tour wird sicher erst in der letzten Woche entschieden», meinte T-Mobile-Teamchef Mario Kummer, der die US Postal-Mannschaft auch vom Wetter bevorteilt sah: «Sie hatten kaum noch Regen und Sturm.»
Der Telekom-Nachfolger T-Mobile erwischte bei Herbstwetter im Hochsommer einen schlechten Start. Nach wenigen Kilometern fiel Team-Veteran Rolf Aldag nach einem Schaden am Rad zurück. Das Team musste das Tempo etwas drosseln, um den langen Westfalen wieder aufzunehmen. 15 Kilometer später hatte der Italiener Giuseppe Guerini einen Reifenschaden, der ihn entscheidend zurückwarf. Der Bergspezialist schaffte den Anschluss nicht mehr. Ihm nützte das neue Reglement wenig. Guerinis tatsächlicher Rückstand wurde gewertet, was ihm nicht besonders weh tat, weil ihn das Gesamtklassement als Ullrich-Helfer ohnehin nicht interessiert. 15 km vor dem Ziel musste auch Sergej Iwanow (Russland) abreißen lassen.
Auch Jens Voigt (Berlin), der insgeheim auf das Gelbe Trikot spekuliert hatte, war aus seinem CSC-Team vorzeitig zurückgefallen. Danach machte ein Sturz in einer rutschigen Kurve, dem zwei CSC-Fahrer zum Opfer fielen, alle Hoffnungen auf einen Tagessieg und das Trikot zunichte. Die Pechsträhne hielt mit weiteren Stürzen in der Bjarne-Riis-Mannschaft an. Auch das Schweizer Phonak-Team des Mitfavoriten und früheren Armstrong-Helfers Hamilton (USA) verlor durch Defekte und Wartezeiten Terrain auf den fünffachen Toursieger, dessen Mannschaft die Fahrt bis auf den zurückgefallenen Benjamin Noval (Spanien) unbeschadet überstand. Die wie entfesselt fahrenden Phonak-Profis erreichten das Ziel nur zu fünft aber trotzdem mit der zweitbesten Zeit.
Bei der ersten Zwischenzeit nach 19 km hatte T-Mobile nur die achtbeste Zeit, holte aber bis zur zweiten Zeitmarke nach 42 km enorm auf. Eher vorsichtig war auch US Postal gestartet: Fünfte Zeit nach 19 km. Aber schon ab der nächsten Zwischenstation hatten sie die Spitze erobert, die der Vorjahressieger im Mannschaftszeitfahren, der gleichmäßig wie ein Schweizer Uhrwerk fuhr, nicht mehr abgab. Eher enttäuschend war das Abschneiden des Gerolsteiner-Teams, das das Ziel nach 1:16:39 Stunden erreichte.