Freiburg (dpa) - Nach den Doping-Geständnissen im Profi-Radsport steht die in ihren Grundfesten erschütterte Universität Freiburg vor einem noch nicht absehbaren Imageschaden. Die Hochschule kündigte mit sofortiger Wirkung den beiden angestellten Medizinern Andreas Schmid und Lothar Heinrich.
Die Traditions-Universität zog damit die Konsequenzen aus den Bekenntnissen der ehemaligen Teamärzte. «Die Entlassung ist fristlos», betonte betonte Uni-Rektor Wolfgang Jäger am Donnerstag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Zudem setzt die Hochschule die sportmedizinische Betreuung von etwa 1500 Spitzensportlern aus acht Sportarten vorerst aus.
«Bis zur Aufklärung beschließt der Vorstand, die Betreuung aller Hochleistungssportler ab sofort einzustellen», sagte Jäger. Die medizinische Versorgung von etwa 6000 Nicht-Profisportlern pro Jahr laufe jedoch weiter. Bis in die Morgenstunden hatte das Rektorat eine Krisensitzung abgehalten, nachdem die bereits suspendierten Ärzte am Mittwochabend ihr Schweigen gebrochen und in persönlichen Erklärungen eingeräumt hatten, als Mannschaftsärzte des ehemaligen Team Telekom Doping-Praktiken in den 90er Jahren unterstützt zu haben. Auch der SC Freiburg beendete seine Zusammenarbeit mit Schmid, der den Fußball- Zweitligisten als Mannschaftsarzt betreut hatte.
Die Hochschule befürchtet in ihrem 550-jährigen Bestehen nun unmittelbare finanzielle Folgen aus dem Skandal. «Ich gehe davon aus, dass drittmittelfinanzierte Stellen wegfallen», sagte Jäger. Ob das Doping-Mittel EPO aus Apotheken der Universitätsklinik stammt, konnte Rektor Jäger nicht sagen. «Ich mache mir große Sorgen und möchte möglichst rasch hier reine Verhältnisse haben», sagte er.
Daher sollen beide Mediziner «unverzüglich» von der erst vor zwei Wochen eingesetzten Untersuchungskommission der Albert-Ludwigs- Universität vorgeladen werden. Zudem wird die Hochschule die Freiburger Sportmedizin mit ihren gesamten Aktivitäten während der vergangenen 20 Jahre auf den Prüfstand stellen. Daher wird die Uni die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bitten, Gutachter für eine Evaluierungskommission zu benennen. «Wir möchten die Uni Freiburg von solch unethischem Verhalten freihalten», sagte Jäger.
Die Freiburger Sportmedizin war schon öfter im Mittelpunkt von Doping-Ermittlungen: Der 2000 gestorbene frühere deutsche Olympia- Arzt Joseph Keul stand im Verdacht, in Freiburg Dopingforschung betrieben zu haben. Der heute in Südafrika lebende Armin Klümper war der Leibarzt der vor 20 Jahren an einem Allergie-Schock gestorbenen Siebenkämpferin Birgit Dressel, konnte dafür aber juristisch nie belangt werden.
Nach längerem Zögern beendete auch der SC Freiburg seine Zusammenarbeit mit Schmid. «In dem Moment, wo Doping bewiesen ist, müssen wir uns distanzieren und leider sagen, dass man sich trennen muss», sagte Freiburgs neuer Manager Dirk Duffner. SC-Präsident Armin Stocker betonte, bis zum Mittwoch habe auch für Schmid die Unschuldsvermutung gegolten.
Den beschuldigten Sportmedizinern Schmid und Heinrich drohen nach einer Meldung der Passauer Neue Presse ein Berufsverbot und im Falle einer Anklage eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Das zuständige Regierungspräsidium Stuttgart prüfe nach Angaben einer Sprecherin berufsrechtliche Konsequenzen für die ehemaligen Mannschaftsärzte des Teams Telekom. Dazu gehöre auch die Möglichkeit des Entzugs ihrer Approbation.
«Wir haben mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufgenommen und beobachten die Ermittlungen», erklärte die Sprecherin im Gespräch mit dem Blatt. Mit ausschlaggebend für die «Ermessensentscheidung» des Regierungspräsidiums über berufsrechtliche Konsequenzen für die Mediziner sei die Frage, ob es zu einer Anklage gegen sie komme.
Die Bedingungen für einen Entzug der Approbation wären bereits erfüllt, wenn sich die von den Freiburger Ärzten eingestandenen Vergehen bestätigen sollten, erklärte Herbert Löllgen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) und Berater der Bundesärztekammer, im Gespräch mit der Berliner Redaktion der Passauer Neue Presse: «Es muss dafür ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz nachgewiesen werden.» Neben dem Entzug der Zulassung drohe bei einem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz zudem eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren.