Los Angeles (dpa) - Nach außen strotzen die deutschen Bahnradsportler vor Selbstvertrauen, innerlich jedoch quält sie große Ungewissheit. Ihre ungewöhnliche Vorbereitung auf die viertägigen Weltmeisterschaften in Los Angeles lassen ungewohnte Selbstzweifel aufkommen.
Reicht es, was wir gemacht haben, oder aber werden wir in der «Stadt der Engel» unser blaues Wunder erleben? - lautet die Kardinalfrage im 17-köpfigen Aufgebot des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), das ohne ihren abgetretenen Sprint- Star Jens Fiedler an den Olympia-Erfolgen von Athen mit einer Gold- und vier Bronzemedaillen anknüpfen möchte. «Die Vorbereitung auf den Jahreshöhepunkt war keinesfalls optimal. Darum ist es schwierig, Prognosen zu wagen», sagte BDR-Sportdirektor Burkhardt Bremer.
Die Sprinter mit den Team-Olympiasiegern Rene Wolf (Erfurt) und Stefan Nimke (Schwerin) an der Spitze hatten ihr ursprünglich für Februar im kalifornischen San Diego geplantes Trainingslager nach Mallorca verlegen müssen. Dort fanden sie statt üblicher Sonnentage winterähnliche Bedingungen vor. Ihr Training absolvierten sie auf einer offenen Bahn bei fünf Grad Celsius. «Wir konnten zwar nicht die geplanten Geschwindigkeiten fahren, dennoch sollte das Team für eine Medaille gut sein», sagte Sprint-Bundestrainer Detlef Uibel.
Die Ausdauer-Athleten um Doppel-Olympiasieger Robert Bartko (Potsdam), die fünf Tage nach den Sprintern am 15. März in Los Angeles anreisten, versuchten sich durch Sechs-Tage-Rennen und die Portugal-Rundfahrt in Form zu bringen. In vergangenen Jahren starteten sie bei fünf oder sechs Rundfahrten. Der BDR kann es sich jedoch nicht mehr leisten, seine besten Renner in der kalten Jahreszeit in wärmere Gefilde auf die Südhalbkugel zu schicken. «Wir sind trotzdem der guten Hoffnung, einiges reißen zu können. Ganz so schlecht war das Training nun auch nicht», sagte Bartko, der bei der um einen Tag verkürzten und erstmals im März ausgetragenen WM in der Einzel- und Mannschaftsverfolgung auf Medaillen spekuliert.
Auf jeden Fall hätten die Deutschen mit das beste Material, was hoffnungsfroh stimme, meinte Bremer, dem noch gut die Schmach vom vorigen Mai in Melbourne in Erinnerung ist. Drei Monate vor den Olympischen Spielen in Athen hatte Bartko als Dritter in der Einzelverfolgung das einzige BDR-Edelmetall erkämpft. Das war die schlechteste Bilanz seit 1969. «Besser werden wir diesmal ganz sicher sein», sagte Bremer vor den jeweils sechs Einzelwettkämpfen bei den Männern und Frauen sowie den drei Team-Entscheidungen, an denen 27 olympische Medaillengewinner aus 36 Länder teilnehmen. In fast allen Wettbewerben auf dem 250 Meter langen Oval mit seinen 45 Grad geneigten Kurven besitzen die BDR-Athleten gute Erfolgsaussichten.
Die Bedingungen vor Ort seien bis auf einen Makel super, sagte Bernd Dittert, Bundestrainer für die Ausdauer-Sportler. In dem auf dem gigantischen Sportkomplex «Home Depot Center» errichteten Velodrom, dem einzigen überdachten in Nordamerika, gibt es keinerlei sanitäre Einrichtungen für die Sportler. Duschen können sie sich nach den Wettkämpfen nur im Hotel, zum verrichten der Notdurft müssen sie provisorisch aufgestellte Container außerhalb der Arena nutzen.