Berlin (dpa) - Jetzt wird es für Jan Ullrich langsam ernst - der Countdown läuft. Die Devise «dabei sein und nicht unangenehm auffallen» reicht nicht mehr.
Die am 16. Mai in Salou mit einem 20 km langen Mannschaftszeitfahren beginnende Katalonien-Rundfahrt ist Ullrichs vorletzter, mehrtägiger Aufgalopp vor dem Start der Tour de France am 2. Juli. «Ich fühle mich so stark wie in den beiden besten Jahren meiner zehnjährigen Profizeit 1997 und 2003», sagte Ullrich, der sein erneutes Trainingslager in der Toskana verließ, einen kurzen Abstecher zur Familie machte und dann in den Norden Spaniens reist.
«Jan ist sehr gut in Schuss und ich erwarte, dass er sich bei den Ankünften vorne mit zeigt», sagte sein Betreuer Rudy Pevenage. Bis zur Tour-Generalprobe Tour de Suisse (11.- 19. Juni) bürdete sich Ullrich, der im Juli zum letzten Mal die Chance erhält, Rekordsieger Lance Armstrong zu bezwingen, noch zwei zusätzliche Renn-Termine auf: Pevenage bestätigte den Start beim schweren Grand Prix Schwarzwald am 4. Juni und beim Grand Prix Aargau in der Schweiz am darauf folgenden Tag.
An Andorra-Arcalis, wo am 20. Mai das 17,1 km lange Bergzeitfahren endet, hat Ullrich die besten Erinnerungen. 1997 begann an diesem Anstieg im Pyrenäen-Staat die Erfolgsgeschichte des ersten deutschen Toursiegers, der vor zwei Jahren im Bianchi-Trikot sein zweitbestes Tour-Ergebnis erzielte: In Paris war er Armstrong mit 61 Sekunden Abstand so dicht auf den Fersen war nie. Nach fünf zweiten Plätzen 1996, 1998, 2000, 2001 und 2003 und dem enttäuschenden Rang vier im Vorjahr will Ullrich den sechsfachen Rekordsieger aus Texas bei dessen Abschieds-Tour diesmal endlich vom Thron holen.
An sich wäre das Mannschaftszeitfahren zu Beginn der prominent besetzten Katalonien-Rundfahrt, in der sich vor allem die spanischen Tour-Protagonisten Roberto Heras, Alejandro Valverde und Iban Mayo ins Zeug legen werden, eine seltene und willkommene Gelegenheit zum Üben. Denn auch bei der Tour de France gibt es auf der 4. Etappe über 66 km von Tours nach Blois wieder einen kollektiven Kampf gegen die Uhr, der von Telekom, respektive T-Mobile, in der Vergangenheit manchmal etwas unterschätzt wurde.
Aber große Erkenntnisse zur Tour wird das Team-Zeitfahren in Salou kaum bringen. «Winokurow, Klöden, Zabel und Aldag sind nicht dabei und es ist mit 20 Kilometer sehr kurz», meinte Pevenage, der damit bereits einen Teil des T-Mobile-Tourkaders umriss. Der Belgier rechnet mit rund einer Minute Verlust auf die Spezialisten aus Manolo Saiz' Liberty Seguros-Mannschaft. Sein Schützling soll erst auf der vierten und fünften Etappe der insgesamt 929 km langen Rundfahrt glänzen, die am 22. Mai in Barcelona endet.