Wangen (dpa) - Der in der Schweiz lebende Jan Ullrich schloss die laufende Radsport-Saison mit einem zweiten Platz in Wangen bei einem 104 km langen Kriterium ab.
Der diesjährige Tour-Zweite unterlag vor 20 000 Zuschauern dem Schweizer Sechs-Tage-Spezialisten Bruno Risi, der zwei Punkte mehr sammelte. Beide Fahrer hatten das Feld einmal überrundet.
Derweil stehen zahlungswillige Interessenten Schlange. Doch wer das Preis treibende Rennen um Jan Ullrich gewinnt, steht noch nicht fest. Wolfgang Strohband, der Manager des 29-jährigen Olympiasiegers, und dessen Betreuer und Bianchi-Teamchef Rudy Pevenage sprachen von «drei Konkurrenten», die um Ullrichs Dienste buhlen.
Die «Bild am Sonntag» meldete dagegen bereits den Durchbruch bei den Vertragsverhandlungen für Ullrichs alten Rennstall Telekom mit einem angeblichen Jahres-Salär für den Star von 2,5 Millionen Euro. Diese Informationen bezeichnete Ullrich in Wangen am Rande eines Kriteriums, das der Olympiasieger zum Saison-Abschluss auf Rang zwei beendete, als «bewusst von Telekom gestreute Meldungen, die nicht stimmen».
Neben den Bonnern, die sich wieder stark um Ullrich bemühen, steht auch eine denkbare italienische Kombination aus den Teams Bianchi und Saeco als künftiger Arbeitgeber zur Diskussion. Über die dritte mögliche Variante wurde noch nichts offiziell bekannt. Strohband: «Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.» Er wolle sich dafür «14 Tage Zeit nehmen», sagte Ullrich in Wangen. Dort unterstrich der gebürtige Rostocker noch ein Mal die Bedeutung Pevenages, der bei Telekom in Ungnade fiel: «Er ist eine ganz wichtige Person für mich, und der beste sportliche Leiter, den ich je hatte».
«Bevor ich mir ein paar Tage Urlaub gönne, werde ich meine sportliche Zukunft klären. Ich fühle die Verantwortung für meine Team-Kameraden, deshalb habe ich mehrere mir selbst gesetzte Fristen verstreichen lassen. Mir liegen einige Angebote vor. Ich bin dabei, sie mit meinem Manager genauestens zu prüfen. Noch einen Fehlgriff will ich mir nicht leisten. Ich brauche schwarz auf weiß, wie die Mannschaft und das Umfeld nächstes Jahr aussehen werden. Versprechungen helfen mir nicht weiter. Damit ich Armstrong bei der Tour wirklich Paroli bieten kann, muss im Team vom Mechaniker bis zum Edelhelfer alles perfekt aufeinander abgestimmt sein», hatte Ullrich auf seiner Homepage geschreiben.
Das liest sich fast wie ein Plädoyer für Telekom, doch dagegen spricht zumindest ein entscheidender Punkt: Mit Pevenage, dem Baumeister der Ullrich-Karriere, kann der Toursieger von 1997 nicht zurück in sein altes Team. Dessen Manager Walter Godefroot, der sich durch den abrupten Abschied seines Landsmannes zum Jahreswechsel brüskiert fühlte, unterstrich noch ein Mal: «Nie mehr mit Pevenage.»
Strohband erklärte auf dpa-Anfrage: «Rudy und Jan wollen zusammen bleiben - das ist klar.» Allerdings konnte Ullrichs Bianchi-Team, das ihm den Tour-Start nach dem Coast-Debakel gesichert hatte, den lange angekündigten Sponsor für 2004 und darüber hinaus immer noch nicht präsentieren. Der Küchenmaschinen-Hersteller Saeco mit großen Geschäftsinteressen in Deutschland könnte der Rettungsanker sein.
Der 49-jährige Belgier Pevenage sagte am Rand der 58. Spanien-Rundfahrt, die in Valdepenas in die letzte Woche ging: «Ich habe gestern mit Jan lange telefoniert. Er lässt sich mit seiner Entscheidung noch 14 Tage Zeit. Er hat drei Möglichkeiten: Zurück zu Telekom, weiter mit Bianchi zusammen mit Saeco, plus eine weitere Variante. Dass wir sportlich weiter zusammengehen, ist eine klare Absprache zwischen Jan und mir.» Laut «Gazzetta dello Sport» hätte sich Saeco bereit erklärt, Ullrich samt seiner Entourage - sein Bruder Stefan als Mechaniker und eine persönliche Physiotherapeutin - zu engagieren. Außerdem könnte er noch maximal sechs Bianchi-Fahrer mitbringen.