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Jan Ullrich (r) kontrolliert mit seinem Bruder und Teammechaniker Stefan Ullrich (l) sein Fahrrad.
16.07.2003 16:41
Ullrich zieht positive Halbzeit-Bilanz

Lignan (dpa) - Der Rückblick stellte ihn zufrieden, der Ausblick auf die kommenden zehn Etappen lässt noch alle Möglichkeiten zu. «Die Tour ist noch offen», sagte Jan Ullrich und zog im Schlossgarten des «Chateau Lignan» im Bianchi-Quartier eine positive Halbzeit-Bilanz der 90. Tour de France.

Für das Zeitfahren und die folgenden Pyrenäen-Etappen kündigte er Attacken auf das Gelbe Trikot an: «Wenn ich die Beine dazu habe, greife ich an, und wenn sich die Chance auf das Gelbe Trikot ergibt, werde ich sie nutzen.» Nachdem er im Vorjahr «von einem Fettnäpfchen ins nächste» getreten sei, fühle er sich im Moment «nach meiner überstandenen Krankheit wieder pudelwohl». Ullrich: «Das Glück ist zu mir zurückgekehrt.»

Der Zeitfahr-Parcours über 47 km von Gaillac nach Cap Découverte, von vielen als Schlüsselstelle der Jubiläums-Tour bewertet, dürfte laut Ullrich-Teamchef Rudy Pevenage sowohl Spitzenreiter Lance Armstrong als auch seinem 2:10 Minuten dahinter liegenden Schützling entgegen kommen: «Die Strecke ist schön, ohne gefährliche Kurven, am Anfang schwer mit einem folgenden langen Flachstück und einem sehr guten Straßenbelag.» Ullrich: «Da muss Lance dem Bergspezialisten Mayo zwei, drei Minuten abnehmen. Der hat eine Superform - da muss sich Armstrong in den Pyrenäen noch festhalten.»

Laut Ullrich hat der Träger des Gelben Trikots bisher sicher nicht das erreicht, was er sich nach den Alpen vorgenommen hatte: «Normalerweise hat Armstrong nach der ersten harten Bergetappe mehr Vorsprung» als im Augenblick zum Beispiel auf seinen früheren Team- Kollegen Alexander Winokurow. Der Olympia-Zweite aus Kasachstan, im Moment mit 21 Sekunden Rückstand am nächsten an Armstrongs Hinterrad, sei der Fahrer, der Ullrich bei der Tour bisher am meisten überrascht habe: «Dass er nach seinem starken Frühjahr noch so stark ist - und es sieht nicht so aus, dass er nachlässt - ist unglaublich.»

Winokurow hatte, am ersten von zwei Tour-Ruhetagen, angekündigt, dass er sich auf den Pyrenäen-Etappen eine Allianz mit Ullrich («Er ist mein Freund») vorstellen könnte. Der Toursieger von 1997 glaubt dagegen, dass in den Pyrenäen («diesmal schwerer als die Alpen») jeder der Fahrer aus den Top-Five des Gesamtklassements auf sich alleine gestellt sein könnte. «Dann wäre auch Winokurow mein Konkurrent», sagte Ullrich, der nach dem Beloki-Sturz an der Seite Armstrongs allerdings nichts für die Verfolgung Winokurows tat, der in Gap seinen ersten Tour-Etappensieg feiern konnte.

Pevenage traut seinem früheren Schützling Winokurow in Paris «einen Podestplatz zu - das ist sicher.» Aber den Toursieg? «Dazu reicht seine Kraft nicht», meint Pevenage. Sein alter Arbeitgeber Walter Godefroot, seit dessen abrupten Abgang aus dem Telekom-Team am letzten Tag des vergangenen Jahres stinksauer auf seinen belgischen Landsmann, könnte «damit leben, dass Ullrich die Tour vor Winokurow» gewinnt. «Ich würde mich für Jan freuen - für Rudy nicht», meinte Telekom-Manager Godefroot.

Wie die meisten Tourfahrer absolvierte Ullrich, der «so oft es geht», mit seiner Lebensgefährtin, die unmittelbar vor der Tour die gemeinsame Tochter Sarah Maria zur Welt gebracht hatte, telefoniert, ein leichtes Training. Mit fünf Bianchi-Team-Kollegen fuhr der Olympiasieger am Mittwoch zweieinhalb Stunden durch das vor Hitze flirrende Languedoc.


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