Berlin (dpa) - Mit einem zweiten Eingriff am lädierten rechten Knie hat Jan Ullrich den ersten Schritt auf dem Weg zu einem erhofften Comeback gemacht. Der wegen seiner Tabletten-Affäre noch bis zum 23. März 2003 gesperrte Rad-Olympiasieger wurde in München von Ernst-Otto Münch operiert, dem Verbandsarzt des Deutschen Ski-Verbandes (DSV).
«Ich bin sehr zuversichtlich, dass er bald wieder beschwerdefrei Rad fahren kann», sagte Münch der dpa. «Ich hoffe, die Ursache für meine Knieprobleme sind jetzt endgültig beseitigt und ich kann nun auch in hohen Belastungsbereichen wieder richtig trainieren», erklärte Ullrich auf der Internet-Homepage des Teams Telekom. Dort hatte er nach seiner Rückkehr aus den USA angekündigt: «Das erste ist, dass ich alles dafür tun werde, damit mein Knie wieder in Ordnung kommt. Die nächsten Wochen werden auf dem Weg zurück ganz wichtig, da werden die Weichen gestellt.»
Laut Münch muss der 28-Jährige, der nur einen Verband erhielt, einige Tage lang an Krücken gehen. An Rad-Training sei in etwa sechs Wochen wieder zu denken, einem Comeback stehe aus medizinischer Sicht nichts im Weg. Ullrich hatte sich im Mai in Hamburg einer Arthroskopie unterziehen müssen, nach der Entfernung einer Schleimbeutelfalte allerdings weiter über Beschwerden geklagt. Die Absage der Tour de France war die Folge der permanenten Schmerzen.
Die erst später entdeckte Ursache konnte Münch nur mit einer offenen Operation beseitigen: Eine kleine Knochenwulstbildung außerhalb des Gelenkes habe auf die Gelenkkapsel und das Innenband gedrückt und damit bei jeder Pedalumdrehung Schmerzen verursacht, erläuterte der Kniespezialist. Im Vordergrund stünden nun zunächst der Heilungsprozess und anschließend Rehabilitations-Maßnahmen.
Durch die Operation soll nun der Weg für einen kompletten Neuanfang frei sein. Nach dem Kauf und der Einnahme von Aufputschmitteln bei einem Disco-Besuch hatte Ullrich einen Strafbefehl in fünfstelliger Höhe akzeptiert und nach der sportlichen Sperre auch Klarheit über die strafrechtlichen Folgen. Nach seinem Geständnis am 6. Juli war er fünf Wochen in die USA geflogen.
Gerüchte über einen Wechsel zu einem anderen Team wies Ullrich vor der Operation zwar zurück, doch Telekom plant für den Fall, dass der Star die sportliche Rückkehr nicht schafft. Dies hatte Team-Manager Walter Godefroot schon während der Tour de France angekündigt. Die Bonner sind an der Verpflichtung des italienischen Giro-Siegers Paolo Savoldelli interessiert. «Wir haben gute Gespräche geführt und sind uns weitgehend einig. Aber eine Unterschrift gibt es noch nicht», sagte Sport-Direktor Rudy Pevenage auf der Telekom-Homepage.
Das Team werde wie angekündigt umgebaut, dazu gehöre die Verpflichtung von Weltklassefahrern. Die Frage Ullrich oder Savoldelli stellt sich zumindest laut Pevenage jedoch nicht: «Wir machen das vor allem mit Blick auf die Tour de France, um für Jan, wenn er den steinigen Weg zurück schafft, ein Top-Team zusammen zu haben. Ein Team, das auch einem Lance Armstrong erfolgreich Paroli bieten kann.»