Straßburg (dpa) - Jan Ullrich steht am Pranger, seine Fans schwanken zwischen Katerstimmung und Trotzreaktion. Zum Auftakt-Wochenende der 93. Tour de France strömten trotz des Dopingskandals und Ullrichs Suspendierung etliche Anhänger in T-Mobile-Trikots an die Strecke im Elsass.
Das Lager der deutschen Radsportfans scheint gespalten. «Andreas, mach du es», riefen trotzig einige T-Mobile-Anhänger Andreas Klöden beim Warm fahren vor dem Prolog zu. Im Internet herrschte dagegen Tristesse: Auf der Ullrich-Fanseite www.tourgott.de prangt auf der Startseite ein schwarzes Trauerband. Das Diskussionsforum der Seite wurde ebenfalls in dunkles Schwarz getaucht.
Bei T-Mobile war man indes bemüht, sich um die geschundenen Fanseelen zu kümmern. Am Mannschaftsbus tröstete Kommunikationsleiter Christian Frommert eine Frau, die Tränen in den Augen hatte, und diskutierte lange mit den angereisten Fans. Eine andere Frau rief wutentbrannt: «Ihr habt Jans Karriere zerstört.» Von dem sonst üblichen Popstar-Trubel um Jan Ullrich war verständlicherweise nichts zu spüren. «Die Stimmung unter den Fans war eine Mischung aus Wut, Verärgerung und Unverständnis», sagte Frommert. In der Nacht beantwortete er 72 E-Mails mit zum Teil stark beleidigendem Inhalt. «Ihr habt mir den Sommer versaut» war noch eine harmlose Beschwerde an die Adresse der Bonner, deren Unternehmenssprecher Philipp Schindera erklärte: «Ein Ausstieg aus dem Sponsoring kommt nicht in Frage, schon, um uns nicht dem Verdacht auszusetzen, vor der Doping-Mafia einzuknicken».
Eine Nacht später waren die Fans schon wieder halbwegs versöhnt. «Es ist natürlich traurig, weil wir uns auf das Duell Ullrich gegen Basso gefreut hatten. Ansonsten ist die Stimmung aber ungebrochen gut», sagte ein deutscher T-Mobile-Fan. Auch bei den Anhängern vom Team Gerolsteiner scheint die Vorfreude auf eine «saubere» Tour de France zu überwiegen. Beim Prolog, dessen Strecke trotz der Dopingerschütterung von 100 000 Menschen gesäumt wurde, machte der Fanclub von Tour-Debütant Markus Fothen lautstark auf sich aufmerksam. Keine Spur von Tour-Depression. Ein Transparent am Start der 1. Etappe dokumentierte die derzeitige Gemütslage der deutschen Fans. In großen Lettern prangte die Aufschrift «No Doping» und einige Spitznamen der deutschen Tourstarter darauf. Der Name Jan Ullrich fehlte allerdings.