Berlin (dpa) - Der Gründung des neuen Profi-Rennstalls Bianchi mit Rad-Olympiasieger Jan Ullrich steht nichts mehr im Weg. Der zuständige Conseil du Cyclisme Professionnel (CCP), der beim Rad- Weltverband UCI für den Profisport zuständig ist, erteilte die Lizenz.
Sie war zuvor dem Essener Coast-Team entzogen worden. Die Bianchi-Mannschaft wird zwar der international höchsten Kategorie GS I angehören, darf aber nicht automatisch bei den großen Rundfahrten wie der Tour de France starten. Dafür wäre eine der Wildcards nötig, die Anfang nächster Woche vergeben werden. «Ich hoffe auf die Wildcard für unser neues Team», sagte der bisherige Coast-Sportdirektor Rudy Pevenage.
Das zwölfköpfige Vertragssport-Gremium der UCI entschied zunächst, dem Rennstall die Lizenz zu erteilen. In dem Rat sitzen auch Tour-Chef Jean-Marie Leblanc, Ullrichs ehemalige Telekom- Arbeitgeber Walter Godefroot und Olaf Ludwig sowie Radsport-Idol Miguel Indurain. Nach dem zweiten Lizenzentzug für Coast hatte Ullrich den Bruch vollzogen, obwohl er erst in dieser Saison einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben hatte.
Pevenage stellte mit Hilfe des italienischen Rad-Herstellers Bianchi inzwischen das neue Team auf die Beine. Laut Pevenage haben 20 der bisherigen 22 Fahrer Vorverträge bei ihm unterschrieben, es fehlen dabei nur der ehemalige Vuelta-Sieger Angel Casero und sein spanischer Landsmann Manuel Beltran, der mittlerweile zum US-Postal- Team von Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong gewechselt ist. Der deutsche Profi Thorsten Rund erklärte im Fernsehsender «Eurosport», er habe bei Pevenage zu den gleichen Bedingungen wie bei Coast unterschrieben. Von seinem bisherigen Arbeitgeber fehle noch das Gehalt für April.
Parallel zu den Bemühungen von Pevenage hatten die Coast-Geldgeber weiter über ein Team um Ullrich verhandelt. Der bisherige Co-Sponsor Vitamehr sah nach Gesprächen am Donnerstagabend einen bevorstehenden Durchbruch. Allerdings werde auch eine weitere Beteiligung von Coast- Geschäftsführer Günther Dahms derzeit nicht ausgeschlossen, hieß es in einer Pressemitteilung. Ullrichs Manager Wolfgang Strohband hatte dagegen erklärt, es werde keine weitere Zusammenarbeit mit dem Textil-Unternehmer geben. Dies gelte für ihn, Ullrich und Pevenage.
Vitamehr stellte weiterhin 1,5 Millionen Euro in Aussicht, der bisherige Coast-Geldgeber Medion sogar das Doppelte. Unklar seien noch der Beitrag des Telekommunikations-Unternehmens O2 und die Rolle von Bianchi, von dort sei aber Zustimmung signalisiert worden. Auch Bianchi-Sprecher Stefano Vigano hatte am Mittwoch eine weitere Zusammenarbeit mit Dahms jedoch ausgeschlossen. «Nach derzeitigem Stand wird auch Jan Ullrich weiterhin in diesem Team fahren», hieß es in der Vitamehr-Erklärung.
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) will den deutschen Coast- Fahrern die Gelegenheit geben, bei der Bayern-Rundfahrt als Nationalmannschaft zu starten. Dies kündigte BDR-Präsidentin Sylvia Schenk an. Ullrich sei daran jedoch nicht interessiert. Der einstige Zeitfahr-Weltmeister will am 31. Mai an einem Rennen in Erfurt teilnehmen. An Dahms appellierte die Verbands- Chefin, den Weg für ein neues Team freizumachen: «Ich hoffe, dass er keine verbrannte Erde hinterlässt.»