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07.03.2003 13:46
Turbulenzen um Team-Coast

Berlin/Aigle (dpa) - Jan Ullrichs Comeback ist ins Stocken geraten. Nach bevor der Rad-Olympiasieger den ersten Wettkampf-Kilometer für sein neues Team zurückgelegt hat, gilt sein Verhältnis zu Arbeitgeber Coast schon als nachhaltig gestört. Im Trainingslager in der Toskana wurde Ullrich, der ab April nach 14-monatiger Pause wieder Rennen fahren will, von der Nachricht über die Sperre für sein Team durch den Weltverband kalt erwischt.

Der fehlende Nachweis der korrekten Zahlung der Februar-Gehälter sämtlicher Angestellter des Rennstalls aus Essen hatte die UCI die Rote Karte ziehen lassen. Das erste große Etappen-Rennen der Saison, Paris-Nizza, wird aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Coast und den Mitfavoriten Alex Zülle (Schweiz) stattfinden.

«Die Sperre bleibt bestehen, bis eindeutig belegt ist, dass vertragsgemäß gezahlt wurde. Wir haben eine große Menge Papier erhalten, das wir jetzt sichten müssen», erklärte ein UCI-Sprecher. In der Führungs-Etage des Coast-Teams, seit der nachträglichen Lizenz-Erteilung im vergangenen Dezember unter besonderer Beobachtung der UCI, wurde von einem «Missverständnis», einem «bürokratischen Fehler» (Sprecher Marcel Wüst) gesprochen - und auch der Karneval sei schuld an den neuen Turbulenzen.

Ullrich war im Januar für eine angebliche Jahres-Gage von knapp zwei Millionen Euro zu Coast gewechselt. Er erhielt einen Drei-Jahres-Vertrag, der der UCI aber ebenfalls noch nicht vorliegt. Sogar der jetzt in der Schweiz lebende Top-Angestellte des Rennstalls hatte unter unregelmäßigen Zahlungen durch den Textil-Unternehmer Günther Dahms, der vielen in der Branche als Finanz-Jongleur gilt, zu leiden.

«Die Zahlungen an Jan erfolgten bisher nicht so, wie es sein sollte. Wir warten jetzt ab, bis Herr Dahms die Angelegenheit geklärt hat. Einen neuen Rennstall suchen wir nicht», sagte Ullrichs Manager Wolfgang Strohband. «Ich habe mein Januar-Gehalt erhalten. Auf das Februar-Geld warte ich noch. Wie es bei Jan aussieht - dazu sage ich nichts», erklärte in Pisa Rudy Pevenage, der Telekom zum Jahreswechsel Hals über Kopf verlassen hatte, um Ullrich zu folgen. Am Freitag trainierte Ullrich knapp drei Stunden.

Gleichzeitig überschlugen sich die Spekulationen um die Zukunft Ullrichs, dessen Sperre am 23. März ausläuft. Über spanische und italienische Zeitungen hatten sich schon seit Tagen an dem Tour- Sieger von 1997 interessierte Teams ins Spiel gebracht und sogar Telekom-Manager Walter Godefroot erklärte auf dpa-Anfrage vielsagend: «Ich habe immer gesagt, dass die Tür bei uns für Jan nicht zu ist.» In der «Welt» sagte Ullrichs Berliner Trainer Peter Becker: «Jan macht sein Comeback - egal ob bei Coast oder anderswo.» Obwohl Strohband anscheinend über einen fliegenden Team-Wechsel mitten in der Saison noch nicht nachzudenken scheint, ist klar: Ullrichs persönlicher Betreuer Pevenage wäre weitaus schwerer weiter zu vermitteln als sein Schützling.

Ungewöhnliche Erklärungen hatte Dahms für die erneuten finanziellen Ungereimtheiten, die Wüst an sein Engagement in den 80er Jahren beim französischen «Le Groupement»-Team erinnern müssten, das eine Woche vor der Tour de France platzte. «Bis zum 5. März mussten wir die Zahlungen für alle Fahrer und Angestellten bei der UCI für den zurückliegenden Monat nachweisen. Das geschah durch Bank-Belege, die die UCI nicht anerkannte. Ich habe die geforderten Unterlagen nachgereicht. Die Verzögerung kam durch den Karneval zu Stande, weil die Bank zu Wochenbeginn nicht arbeitete», sagte Dahms, der in Nordrhein-Westfalen 18 Mode-Boutiquen mit einem Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro führt.

Inhalte von Coast-Verträgen lassen offensichtlich Interpretationen zu. Die zwölf ausländischen Fahrer im Team, das immer noch Hände ringend auf den von Dahms angekündigten Co-Sponsor wartet, hatten im Vormonat auf Steuer-Rückzahlungen bestanden. Die Mannschaftsleitung hatte erklärt, sie verfolge nur geltendes Recht und habe 16 Prozent Mehrwertsteuer einbehalten, die ans Finanzamt weitergeleitet würden. Die inzwischen ausgeschiedenen Fahrer Mauro Gianetti (Schweiz) und Fernando Escartin (Spanien) wollen zusammen rund 500.000 Euro einklagen.


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