Collado de la Cruz de Caravaca (rad-net/dpa) - Lennard Kämna riss die Arme nach oben und klopfte sich auf die Brust, nachdem er die matschige Piste am Collado de la Cruz hinaufgestürmt war. Der Bora-hansgrohe-Profi hat sein Triple bei den Grand Tours perfekt gemacht und die neunte Etappe der 78. Vuelta a España im Alleingang gewonnen. Die Gesamtführung verteidigte Sepp Kuss (Jumbo-Visma).
Die Anfangsphase der 184 Kilometer langen Etappe war von Seitenwind geprägt. Jumbo-Visma versuchte das Feld zu zerteilen. Dadurch entstand eine Spitzengruppe mit 13 Fahrern - mit nicht weniger als sieben Jumbo-Visma-Profis. Mit dabei waren Primoz Roglic, Jonas Vingegaard, Sepp Kuss, Jan Tratnik, Dylan van Baarle und Attila Valter. Remco Evenepoel, Mattia Cattaneo (beide Soudal-Quick Step), Aleksandr Vlasov, Emanuel Buchmann, Nico Denz (Bora-hansgrohe) und Matevz Govekar (Bahrain-Victorious). Die gruppe ging mit einer Minute Vorsprung in den ersten von zwei kategorisierten Anstiegen. Im Feld hatte aber mittlerweile das UAE-Team Emirates die Nachführarbeit organisiert und holte die Ausreißer am Anstieg wieder ein. Dort waren es noch über 100 Kilometer bis ins Ziel.
Danach ging allerdings eine neue Ausreißergruppe mit acht Fahrern - unter ihnen Kämna. Die Gruppe hatte schnell mehrere Minuten Vorsprung. Doch auch im Peloton war das Tempo hoch, denn es gab erneut eine Windkanten-Situation, die Soudal-Quick Step auszunutzen versuchte. Dadurch schrumpfte der Abstand zur Spitzengruppe um Kämna wieder, aber schließlich ging die Gruppe mit fünf Minuten Vorsprung in die letzten 30 Kilometer.
Am 8,2 Kilometer langen und durchschnittlich 5,4 Prozent steilen Schlussanstieg hinauf nach Caravaca wurde schnell klar, dass Kämna der beste Kletterer der Ausreißer war. Drei Fahrer, unter anderem Matteo Sobrero (Jayco-AlUla), konnten eine Zeit lang folgen, aber Kämna gab fünf Kilometer vor dem Ziel Vollgas. Der Deutsche hatte schnell eine Lücke, nur Sobrero blieb ihm noch auf den Fersen. Allerdings kam der Italiener ihm auch nicht mehr näher, sodass der 26-Jährige mit 13 Sekunden Vorsprung vor Sobrero gewann. Mit 1:12 Minuten Rückstand kam Kämnas ehemaliger Fluchtgefährte Chris Hamilton (DSM-Firmenich) als Dritter ins Ziel. Kämna hatte es bereits auf der dritten Etappe probiert und hatte den Sieg schon vor Augen, ehe er anderthalb Kilometer vor dem Ziel überholt wurde. Und auch auf der sechsten Etappe hatte Kämna vergeblich sein Glück in einer Ausreißergruppe gesucht.
Die Favoriten fürs Gesamtklassement wiesen rund drei Minuten Rückstand auf. Damit kam Kuss' Gesamtführung nicht in Gefahr. Er liegt weiterhin 43 Sekunden vor Marc Soler (UAE-Team Emirates) und 1:02 Minuten vor Lenny Martinez (Groupama-FDJ).
Nach dem ersten Ruhetag wartet am Dienstag gleich das Einzelzeitfahren über 25,8 Kilometer. Dabei verspricht vor allem das Duell zwischen dem belgischen Zeitfahrweltmeister Evenepoel und Vingegaard, der bei der Tour im Kampf gegen die Uhr die Konkurrenz beherrscht hatte, große Spannung.