Pau (dpa) - Sie hatten sich lange belauert, dann kurz gezofft und am Ende wieder lieb - am berüchtigten Tourmalet und spätestens beim Zeitfahren müssen Alberto Contador und Andy Schleck nun Farbe bekennen. Die Tour de France lädt zum Showdown ins Hochgebirge ein.
Aus der 17. Etappe steht die schwerste Bergankunft der diesjährigen Rundfahrt an. «Ich habe nur noch die eine Chance, und die ist am Tourmalet», sagt Schleck. «Ich will diese Tour gewinnen und ich weiß: Jetzt gilt's!» Acht Sekunden trennen den Luxemburger vor der «Königsetappe» am 22. Juli vom Gelben Trikot.
«Wer am Tourmalet Gelb erobert, der trägt es auch in Paris», hatte der Herausforderer schon vor der dreiwöchigen Schinderei in Frankreich prophezeit. «Und das denke ich immer noch», fügte er einen Tag vor dem letzten Teilstück in den Pyrenäen dazu. Favorit auf den Spitzenplatz in Paris ist jedoch Contador, der Titelverteidiger aus Spanien - nicht zuletzt wegen des folgenden Zeitfahrens von Bordeaux nach Pauillac.
Auf dem Col du Tourmalet steht die letzte Bergankunft der «Grande Boucle» in diesem Jahr an. Die Höhenluft auf 2115 Metern konnten die Radprofis bereits am 20. Juli testen, als der legendäre Berg ein erstes Mal überquert wurde. Da waren Contador und Schleck noch nebeneinander unterwegs. Angriff: Fehlanzeige. Beide schienen darauf bedacht, die Wogen nach einer umstrittenen Attacke des Spaniers am Vortag zu glätten.
Am 22. Juli ist die Situation eine andere, da müssten die Karten auf den Tisch, zumindest für Schleck. «Ich habe noch nicht alles gegeben auf dieser Tour», kündigt der Youngster an, «das macht mich selbstbewusst.» Der Luxemburger will und muss angreifen, «auch wenn ich dann meinen zweiten Platz in der Gesamtwertung riskiere».
Anders die Situation für Contador: Der Spanier ist nach seinem Coup vom vergangenen Montag, bei dem er Schleck das Gelbe Trikot nach dessen technischem Defekt entriss, in der komfortablen Situation, reagieren zu können. Zudem hat er noch das Zeitfahren von Bordeaux, bei dem Schleck wenig Chancen eingeräumt werden. Schon beim Prolog in Rotterdam über 8,9 Kilometer fuhr Schleck 42 Sekunden hinterher.
Der Herausforderer benötigt einen Vorsprung vor dem Kampf gegen die Uhr, darüber sind sich im Prinzip alle einig. Eine Minute, eineinhalb? Zuletzt schwankten die Vermutungen auch in Schlecks Team Saxo-Bank. Nur einer wollte das Luxemburger Leichtgewicht auch im Zeitfahren zwei Tage später nicht unterschätzen: Alberto Contador. «Auch da kann er mir Probleme bereiten», gab der Spanier zu Protokoll und hörte sich dabei in erster Linie höflich an. Der Madrilene dürfte kaum daran glauben, dass ihm Schleck auf dem Weg nach Pauillac wirklich Schwierigkeiten machen könnte.
Und die Deutschen? Bislang unter ferner liefen, werden von Linus Gerdemann, Tony Martin und Co. auch am Tourmalet kaum Akzente erwartet. «Martin konzentriert sich jetzt nur noch auf das Zeitfahren», hatte sein Teamchef Rolf Aldag angekündigt. Im Prolog war die große deutsche Tour-Hoffnung Zweiter hinter Fabian Cancellara geworden. Der Schweizer dürfte zusammen mit Contador auch im Kampf gegen die Uhr sein Hauptkonkurrent sein.