Laruns (dpa) - Nach seiner waghalsigen Abfahrt ins Glück machte Tagessieger Primoz Roglic auf dem Siegerpodest den Telemark - Geraint Thomas verzichtete kurz vor dem großen Tour-de-France Coup britisch cool auf Faxen.
Dass der frühere Skispringer dem Spitzenreiter im finalen Pyrenäen-Showdown den ersten Platz wegschnappte, konnte der Sky-Kapitän absolut verkraften. Im Kampf um das Gelbe Trikot baute der famose Waliser seinen Vorsprung nochmal aus und darf sich schon auf den Triumph auf den Champs-Élysées am Sonntag freuen. «Das war ein großer Tag heute», resümierte der Tour-Sieger in spe.
«Ich denke noch nicht an Paris, es gibt keine Garantie in diesem Sport», sagte Thomas und verwies stattdessen auf das Zeitfahren am Samstag, wenn die 105. Rundfahrt endgültig entschieden wird. «Ich werde morgen keine unnötigen Risiken eingehen. Ich kenne den Kurs, habe ihn mir bereits dreimal angeschaut und werde auch morgen früh drüberfahren. Er ist sehr hart, es geht ständig hoch und runter.»
Mit solchen Profilen aber kommt Thomas zurecht, wie er am Freitag einmal mehr bewies. Nach einer souveränen Kletterleistung über sechs Berge inklusive der Pyrenäen-Riesen Tourmalet und Aubisque sowie einem Sprint auf Platz zwei geht er mit 2:05 Minuten Vorsprung auf den Niederländer Tom Dumoulin und 2:24 Minuten vor Roglic in das Einzelzeitfahren am Samstag.
Thomas' Teamkollege Chris Froome, der am Freitag von Roglic auf Platz vier verdrängt wurde, muss schauen, nach einer verpatzten Rundfahrt immerhin noch den Podestplatz zu retten. «Ich freue mich schon auf daheim und das Baby», sagte der Brite, der wieder Vater geworden ist.
Thomas wollte nach der 19. Etappe über 200,5 Kilometer von Lourdes nach Laruns noch nicht an Zuhause denken. «Ich bin zufrieden, im Gelben Trikot in das Zeitfahren zu gehen», sagte der Sky-Fahrer und zeigte damit sein bei der dieser Tour schon gewohntes Understatement. Thomas gewann den Sprint um Rang zwei 19 Sekunden hinter Roglic, Dritter wurde der Franzose Romain Bardet.
Deutsche Radprofis spielten keine Rolle. «Ich hatte eigentlich einen guten Tag und konnte relativ lange dranbleiben», sagte Simon Geschke in der ARD. «Aber irgendwann war der Ofen aus. Ein Etappensieg fehlt uns leider noch - aber vielleicht hat Tom ja morgen einen Super-Tag.»
Geschkes Mannschaftskapitän Dumoulin erhob Vorwürfe gegen einen Tour-Motorrad-Begleiter, der Roglic bei der 20 Kilometer langen Schussfahrt ins Tal Windschatten gegeben haben soll. Der Slowene bestritt die Vorwürfe.
Als guter Zeitfahrer muss sich der neue Sky-Leader im Kampf gegen die Uhr am Samstag auch vor Zeitfahr-Weltmeister Dumoulin nicht fürchten. Weil Roglic, der erst vor wenigen Jahren vom Skispringer zum Radprofi wurde, sowie Froome dieses Metier ebenso beherrschen, ist im Kampf um die zwei Podiumsplätze hinter Thomas Spannung programmiert. «Ich werde versuchen, wieder zu gewinnen», sagte Roglic.
Neben dem Slowenen aus dem niederländischen Lotto NL-Jumbo-Team und Thomas durften sich am Freitag auch zwei andere sls Gewinner fühlen. Der zweimalige Etappensieger Julian Alaphilippe überquerte als Erster den Col d'Aspin und den Tourmalet und sicherte sich damit vorzeitig das rot-weiß gepunktete Trikot als bester Bergfahrer. Peter Sagan schaffte trotz seines Sturzes zwei Tage zuvor und Schmerzen das Zeitlimit und wird als deutlicher Spitzenreiter in der Punktewertung am Sonntag in Paris sein sechstes Grünes Trikot abholen.