Mulhouse (dpa) - Die überraschende Schwäche des Discovery-Teams von Lance Armstrong hat der Konkurrenz den Rücken gestärkt. Zum ersten Mal seit Jahren fand sich der sechsfache Gewinner der Tour de France bei der eigentlich harmlosen Etappe von Pforzheim nach Gérardmer am letzten Anstieg, dem zweitklassigen Col de la Schlucht, ohne einen seiner hochkarätigen Helfer wieder.
«Alle haben gesehen, dass es in der Mannschaft kriselt», meinte Rivale Jan Ullrich: «Für die Gegner ist das umso mehr Motivation zu attackieren.» Die französische Sportzeitung «L'Équipe» titelte am Sonntag: «Alarm für Armstrong.»
Allein auf sich gestellt, habe er sein Bestes gegeben, «um Schaden abzuwenden», konstatierte Armstrong. Noch am Abend nahm er sich im Hotel im Zielort seine Mitstreiter zur Brust. «Ich habe gelitten. Ich bin zwar nicht wütend, aber ich will wissen, was los war», sagte der Amerikaner nach der 8. Etappe, die die Konkurrenz wieder ein bisschen mehr Mut schöpfen ließ, den Tour-König endlich vom Thron stoßen zu können. «Wenn es jeden Tag so wird, ist es schwer, die Tour zu gewinnen», gab der Texaner zu.
Doch kamen sofort auch Spekulationen auf, dass es einer seiner taktischen Winkelzüge gewesen sein könnte, um die Konkurrenz vor den echten Berg-Etappen an in Sicherheit zu wiegen - und dann in bekannter Manier gnadenlos zuzuschlagen. «Ich glaube nicht, dass er seine Mannschaft mit Absicht hat zurückfallen lassen. Seine Jungs hatten zu kämpfen. Das hatte ich schon am ersten Berg gesehen», sagte Ullrich im ZDF-Sportstudio.
Am Ende kam ein Discovery-Trio mit Edel-Helfer George Hincapie 58 Sekunden nach Armstrong ins Ziel am malerisch gelegenen See von Gérardmer. Das restliche Quintett, darunter auch Ex-T-Mobile Fahrer Paolo Savoldelli, kürzlich Gewinner des Giro d'Italia, rollte gar zweieinhalb Minuten hinter dem Kapitän ins Ziel. Vielleicht sei die Mannschaft zu selbstbewusst, analysierte Armstrong, der bei seiner letzten Großen Schleife auf seinen Stamm-Domestiken Wjatscheslaw Jekimow nach einem schweren Sturz im Frühjahr verzichten muss.
«Wir haben gezeigt, dass auch das hoch gelobte Discovery-Team verletzlich ist», sagte T-Mobile-Manager Olaf Ludwig. Mit ihrer Nadelstich-Taktik haben sie einen möglichen wunden Punkt in der Discovery-Mannschaft getroffen.