Heyrothsberge (rad-net/dpa) - Täve Schur wird 90. Heute feiert der populärste Sportler der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in seiner Heimatstadt Heyrothsberge, unweit von Magdeburg gelegen, seinen Geburtstag. Die große Feier fällt wegen Corona aber leider aus.
Gustav-Adolf Schur, wie er eigentlich heißt, hat unter seinem Spitznamen «Täve» Radsportgeschichte geschrieben. Als erster Deutscher gewann er die Weltmeisterschaft der Amateure und die Internationale Friedensfahrt. Bis heute ist er einer der größten Sporthelden, die die ehemalige DDR hervorbrachte. Neunmal in Folge war Schur «Sportler des Jahres» in der DDR.
Seine Karriere startete er im Alter von 19 Jahren bei BSG Grün-Rot Magdeburg, 1954 gewann er bei den DDR-Straßen-Radmeisterschaften seinen ersten nationalen Meistertitel auf der Straße, fünf weitere sollten folgen. 1955 holte er seinen ersten Friedensfahrtsieg, 1959 triumphierte er erneut. Außerdem gewann er mehrfach die DDR-Rundfahrt, wurde 1960 Olympia-Zweiter und 1956 schon Dritter mit dem gesamtdeutschen Straßen-Vierer. 1958 holte er in Reims (Frankreich) seinen ersten Weltmeistertitel im Einer-Straßenfahren der Amateure, den er ein Jahr später in Zandvoort (Niederlande) erfolgreich verteidigte.
Bei der WM 1960 auf dem Sachsenring war Täve Schur der große Favorit, wurde entsprechend von der Konkurrenz bewacht, weshalb er seinem Teamkollegen Bernhard Eckstein den Vortritt ließ und als Zweiter den Zielstrich überquerte. «Klar wollte ich gewinnen», erinnert er sich, aber sie haben mich nicht fahren lassen, da gab ich Eckstein ein Zeichen, es zu probieren. Und Eckstein lag auf dem Rad wie drei Pfund Brot», beschreibt er in einer Talkshow den kraftvollen Antritt seines ehemaligen und längst verstorbenen Teamkollegen. Täve begnügte sich im Ziel mit Platz zwei und wurde zum Jahresende dennoch erneut «Sportler des Jahres».
Noch heute erkennen ihn die Leute, zum Geburtstag erreichten ihn viele Glückwünsche. «Es macht mich stolz, dass sich die Leute noch so an mich erinnern», sagt er.
Nach seiner aktiven Laufbahn arbeitete der Vater von vier Kindern viele Jahre als Jugendtrainer bei der DHfK Leipzig, und später war er stellvertretender Vorsitzender des DTSB-Bezirksvorstandes Magdeburg. Zu DDR-Zeiten saß Schur in der Volkskammer. Später zog er für die PDS in den Bundestag ein.
Schur ist immer noch auf Zack, hält das Haus in Schuss und spaziert jeden Abend ein paar Kilometer durch den Ort. Es ist in seinem Leben aber auch ein wenig einsamer geworden, seit im vergangenen Mai seine Frau Renate nach 58 Jahren Ehe starb. Die immer noch zahlreiche Fanpost bearbeitet er nun allein. So oft es geht, kommen die Kinder zu Besuch. Und seiner anderen großen Liebe, dem Rennrad, kann Schur sich auch nicht mehr so oft widmen. «Das geht nur, wenn es wärmer wird. Mein rechtes Knie macht mir Probleme, seitdem ich auf Mallorca mal gestürzt bin», berichtet der heutige Jubilar.
Seine Geburtstagfeier am heutigen Tage fällt auch klein aus. Eigentlich sollte der 90. Geburtstag im Radladen von Sohn Gus-Erik gefeiert werden, nun kommen nur die engsten Familienmitglieder im Haus in Heyrothsberge zusammen. Schur will im Garten noch ein Schild aufstellen, um die sicherlich zahlreichen Gratulanten davon abzuhalten, doch zu klingeln. Das Risiko sei ihm in Corona-Zeiten schlicht zu hoch.
Schließlich will Täve Schur, wie er vor wenigen Tagen verkündete, noch die 100 erreichen. «Die nächsten zehn Jahre habe ich mir noch fest vorgenommen. Der Herbert Köfer hat die 100 ja auch geschafft, da muss ich nachlegen», sagte Schur der Deutschen Presse-Agentur.