Berlin (dpa) - Als erster der drei großen deutschen Sponsoren entscheidet T-Mobile am 9. August über das weitere Engagement im Krisen geschüttelten Profi-Radsport. Alles andere als eine - zumindest vorläufige - Fortsetzung des nach dem Ullrich-Eklat 2006 eingeschlagenen Kurses wäre eine Überraschung.
Auch wenn die vielfach proklamierten Bemühungen der Bonner im Kampf gegen Manipulationen durch den Doping-Fall Sinkewitz während der Tour de France einen lebensbedrohenden Rückschlag erlitten hatten. Nach der vor zehn Tagen zu Ende gegangenen Chaos-Tour mit vier Dopingfällen und zahlreichen Ungereimtheiten hatte das Unternehmen sein bis 2010 zugesagtes, millionenschweres Engagement auf den Prüfstand gestellt.
«Natürlich wünschen wir uns, dass wir auf unserem neuen Weg weiter gehen können. Aber egal, wie die Entscheidung ausgefallen ist - wir müssen dem Sponsor für über 15 Jahre Radsport-Finanzierung danken», sagte der Ex-Profi und jetzige Teamchef Rolf Aldag, der seinen Posten unter Manager Bob Stapleton trotz seines Doping-Geständnisses behalten durfte und als Geläuterter um Glaubwürdigkeit kämpft. Seit 1991 engagiert sich das Bonner Telekommunikations-Unternehmen im Radsport - erst unter dem Namen Team Telekom, seit 2004 unter Team T-Mobile. Ohne die Stargehälter für Jan Ullrich, Andreas Klöden oder Erik Zabel dürfte der Jahres-Etat des Teams inzwischen auf unter 12 Millionen Euro geschrumpft sein.
Die Doping-Beichten der ehemaligen Telekom-Profis Bjarne Riis (Toursieger 1996), Udo Bölts, Bert Dietz, Christian Henn, Brian Holm, Aldag und Zabel hatten ein Bild des flächendeckenden Dopings im Bonner Team in den 90er Jahren gezeichnet. Auch die damaligen Mannschaftsärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich, bis Anfang des Jahres noch im Dienst, hatten zugegeben, die Dopingpraktiken aktiv befördert zu haben. Nach Bekanntwerden der Zusammenarbeit Ullrichs mit dem spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes hatte T-Mobile die Mannschaftsleitung im August 2006 ausgetauscht und einen «sauberen Neustart» im Profiradsport verkündet.
Als Linus Gerdemann am 14. Juli auf der ersten Alpen-Etappe als Tagessieger in Le Grand Bornand ins Gelbe Trikot fuhr und ein flammendes Plädoyer für das Anti-Doping-Programm seines Teams vortrug, schien das Konzept zu greifen. Doch nur vier Tage später war mit Veröffentlichung der positiven Sinkewitz-Probe bei einer Trainingskontrolle vor der Tour alles Makulatur - selten hatte man den sonst so eloquenten Team-Manager Stapleton so sprachlos erlebt. Sinkewitz verzichtete auf die Öffnung der B-Probe und gestand, sich mit Testosteron gedopt zu haben. Der Sieger der Deutschland-Tour 2004 sprach in seiner Rechtfertigung von «instinktivem Doping». Aldag rechnet damit, dass die Aussagen «vor den entsprechenden Gremien» noch umfangreicher werden: «Da kommt noch mehr.»
T-Mobile ist in der Entscheidungs-Findung der Vorreiter, Gerolsteiner wird folgen. Der Mineralwasser-Hersteller will in den nächsten drei Wochen über sein weiteres Sponsoring über 2008 hinaus entscheiden. Anders als in Bonn scheinen die Zeichen in der Vulkaneifel auf Stop zu stehen. Im Hinblick auf das Team Milram ist vom Nordmilch-Konzern in Bremen ebenfalls noch keine klare Aussage getroffen worden. Ein Ausstieg scheint dort ebenso möglich, wie er beim zweitklassigen Wiesenhof-Team für 2008 bereits vollzogen wurde.