Berlin (dpa) - In «absehbarer Zeit» ist mit einem DNA-Abgleich im Fall Jan Ullrich zu rechnen. Das erklärte der in der Betrugsaffäre um den ehemaligen T-Mobile-Kapitän zuständige Bonner Staatsanwalt Fred Apostel.
Er bestätigte das schriftliche Angebot der Ullrich-Anwälte, dass der unter massiven Doping-Verdacht geratene Tour-Sieger von 1997 zur Abgabe einer Speichelprobe in Deutschland bereit sei. «Wir werden jetzt einen Termin ausmachen», sagte Apostel. Ullrich will die Speichelprobe nach Angaben seines Sprechers Michael Lang in Konstanz nahe seines Schweizer Wohnorts Scherzigen abgeben: «Das ist logistisch am sinnvollsten».
Mit der Speichelprobe könnte endlich ein Abgleich mit dem Blut vorgenommen werden, das die spanische Guardia Civil bei ihren Doping- Ermittlungen bei dem Mediziner Eufemiano Fuentes im Mai in Madrid sichergestellt hatte und das Ullrich zugerechnet wird. Apostel wartet auf die von den spanischen Behörden zugesagten Blutbeutel mit den ominösen Code-Bezeichnungen «Nummer 1», «Rudys Sohn» und «Jan». Ullrich, der derweil vom fünffachen Tour-de-France-Sieger Bernhard Hinault heftig attackiert und als «Betrüger» bezeichnet wurde, bestreitet weiter jeden Kontakt zu Fuentes.
Ullrichs Anwälte hatten ein Schreiben vom 22. Januar öffentlich gemacht, in dem sie für ihren in die Doping-Affäre verstrickten Mandanten erklärten, er sei zur Speichel-Abgabe in Deutschland bereit. Gleichzeitig blockierten die Ullrich-Anwälte durch Widerspruch aber die Weitergabe einer den Schweizer Behörden bereits vorliegenden Speichelprobe im Rahmen eines Rechtshilfe-Verfahrens an die Bonner Staatsanwaltschaft.
Durch diese Maßnahme solle laut Ullrich-Anwalt Johann Schwenn (Hamburg) die Weitergabe privater Unterlagen verhindert werden, die bei der Hausdurchsuchung im September in der Ullrich-Villa in Scherzingen sichergestellt worden waren. Um die Blockierung der Speichelprobe aus der Schweiz sei es bei dem anwaltlichen Einschreiten nicht gegangen. Diese Vorgehensweise nannte Apostel «einen Widerspruch». Der Staatsanwalt erklärte weiter: «Es ist aber nicht an uns, ihn aufzulösen.»
Ullrichs Anwälte und Berater können sich über Beschäftigungsmangel nicht beklagen. In Bonn wird nach einer Anzeige der Rechts-Professorin Britta Bannenberg wegen Betrugs zum Nachteil seines ehemaligen Arbeitgebers T-Mobile ermittelt. Der Ex-Profi soll sich Siege und Preisgelder, Prämien und Gehälter mit Doping-Unterstützung erschlichen haben, lautet der Vorwurf. In Hamburg laufen Untersuchungen wegen des Verdachts des Meineids in dem von dem Molekularbiologen und Doping-Experten Werner Franke angestrengten Verfahren. Außerdem ermittelt der Schweizer Radsport-Verband gegen den 32-jährigen Ullrich, der derzeit weder im Besitz einer Profilizenz noch Mitglied in einem Team ist.
«Tour-Legende» Hinault hat unterdessen in «Sport Bild» schwere Vorwürfe gegen Ullrich erhoben: «Zum jetzigen Zeitpunkt ist er ein Betrüger. Es liegt an ihm zu beweisen, dass er nicht betrogen hat. Ich bin enttäuscht von ihm. Ich hätte nie gedacht, dass er so etwas machen könnte. Aber man will viel Geld verdienen, da sind alle Mittel recht.» Hinault, der heute als Repräsentant der Tour vornehmlich für Siegerehrungen zuständig ist, sprach sich gegen einen Tour-Start Ullrichs ohne DNA-Test aus.