Zolder (dpa) - Die Sprinter-Kollegen im eigenen Team versprechen Loyalität. Erik Zabel, Kapitän der 12-köpfigen deutschen WM-Mannschaft mit berechtigten Titel-Ambitionen, hat «Vertrauen in die Jungs». Aber letzte Zweifel bleiben. Die Italiener haben in den letzten zehn Jahren bewiesen, wohin Uneinigkeit im National-Team manchmal führen kann.
«Sie haben es gut hingekriegt, immer andere zum Weltmeister zu machen, obwohl sie oft die stärksten waren. Ich hoffe, diese italienische Serie hält», sagte Zabel scherzhaft zwei Tage vor dem Titelkampf auf dem 256-Km langen Sprinter-Kurs auf der ehemaligen Formel I-Rennstrecke in Zolder. Die Meteorologen sagen Regen und Temperaturen unter fünf Grad voraus.
Nur ein Mal im Jahr sollen Firmen- und eigene Interessen nichts gelten. Der Treueschwur der Fahrer gilt der Nationalmannschaft. Doch die Realitäten sind oft andere. «Mit einem WM-Trikot könnte man sicher bestens verhandeln. Aber man kann sich natürlich auch anders in Szene setzen», sagte der für die kommende Saison noch arbeitslose Sven Teutenberg (Mettmann), der im Schweizer Phonak-Team den Laufpass für 2003 erhalten hat. Zolder soll ihm vor allem dazu dienen, seinen Wert auf internationaler Bühne unter Beweis zu stellen.
Auf die Frage, wie der Verhaltens-Codex aussieht, wenn es am Sonntag zu einem Massenspurt unter Beteiligung aller deutscher Sprinter käme, antwortete der schnelle Olaf Pollack mit süffisantem Lächeln: «Dann werden wir eben Erster, Zweiter, Dritter.» Spätestens seit seinem Sieg über Zabel im Vorjahr in Nürnberg gilt der Gerolsteiner-Profi aus Cottbus nicht gerade als bester Kumpel des Telekom-Kapitäns. Aber die falsch angeordnete Kombination der deutschen Farben auf den neu geschneiderten Trainings-Jacken der National-Fahrer sollte kein schlechtes Omen sein.
Einen schwierigen Spagat muss am Sonntag, an dem die Spanier (Freire), Italiener (Cipollini, Bettini) und Belgier (Museeuw, van Petegem) zu den Hauptgegnern des deutschen Teams zählen dürften, auch Zabels Telekom-Kollege Danilo Hondo hingekommen. Schon bei der Deutschland-Rundfahrt hatte der Cottbuser im Mai Ambitionen für Zolder angemeldet. «Es ist kein Problem, wenn alle hundertprozentig an einem Strang ziehen. Ich habe bei der Tour bewiesen, dass ich Erik die Sprints anziehen kann», sagte Hondo, der im Eigeninteresse auf Fluchtgruppen hofft, in denen er vertreten ist: «In diesem Fall könnte ich sicher auch meine eigene Chancen nutzen.»
«Wenn auf dem Fahrrad diskutiert wird, ist es schon zu spät. Das muss vorher geklärt sein und deshalb haben wir uns auf Erik als uneingeschränkten Kapitän festgelegt», beschwor auch Verbands-Vize Olaf Ludwig, als Teamsprecher beruflich der Telekom verpflichtet, die Solidarität im schwarz-rot-goldenen Team. Auch Ludwigs Vorgesetzte auf BDR-Ebene, Präsidentin Sylvia Schenk, hat vorgesorgt: «Wenn einer unserer Fahrer den Titel holt, wird es eine Prämie geben, auch wenn der Verband dazu die Mittel nicht hat. Dafür stünden Sponsoren bereit».
Die dritte Weltmeisterschaft eines deutschen Profis nach Heinz Müller (1952) und Rudi Altig (1966) würde Zabel und vor allem seinem Team, das in Zukunft ohne sein Aushängeschild Jan Ullrich glänzen muss, gut zu Gesicht stehen. Der Führende der Weltrangliste, der in Zolder auch auf der Jagd nach den Punkten ist, die ihm das Überwintern an der Spitze sichern, wirkte am Freitag trotz des enormen Drucks gelöst und locker. Auf seine alte Aversion vor Rennen in Belgien angesprochen, flachste Zabel: «Es ist wunderschön hier. Ich schaue mich schon nach Immobilien um.»