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16.08.2017 13:34
Sponsoren-Streit: MTB-WM ohne Olympiasiegerin Rissveds - Schweden fahren nicht zur WM

Stockholm (rad-net) - Die Mountainbike-Weltmeisterschaften in Cairns werden scheinbar ohne schwedische Beteiligung über die Bühne gehen, das heißt auch ohne Olympiasiegerin Jenny Rissveds (Scott-Sram). Ein seit eineinhalb Jahren schwelender Streit um Sponsoren, respektive um Verträge hat nun vollends zum Eklat geführt.

In den schwedischen Medien wird seit ein paar Tagen darüber debattiert, «Pinkbike» hat am Dienstag ein Interview mit Thomas Frischknecht veröffentlicht, in dem der Scott-Sram Teammanager versucht die Sachlage und die Vorgeschichte darzustellen, sowie seine Position zu begründen.

Zusammengefasst geht es um Folgendes:
Der Schwedische Radsportverband SCF hat einen Vertrag mit dem Ausrüster Poc geschlossen, der beinhaltet, dass die schwedischen Radsportler (aller Disziplinen) bei internationalen Meisterschaften Helme und Brillen von Poc tragen müssen. Athleten wie Jenny Rissveds und Alexandra Engen haben jedoch Verträge, nach denen sie Scott-Helme und Oakley-Brillen (Rissveds), beziehungsweise Cratoni-Helme und Adidas Eyewear (Engen) präsentieren müssen. Vom Vertrag mit Poc, und das ist sicherlich ein wesentliches Detail, haben die Sportler erst zu Beginn des Olympiajahres Kenntnis erhalten - als die Verträge mit ihren Teams längst gemacht waren.

Das heißt, darauf pocht auch Thomas Frischknecht, dass die Sportler vertragsbrüchig werden würden, wenn sie sich dazu verpflichten, mit Poc zu fahren. Genau das verlangt der Schwedische Verband. Die Athleten sollen eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnen. Ohne diese Unterschrift, so die jetzt umgesetzte Drohung, würden sie nicht für EM und WM nominiert.

Weder Rissveds, noch Engen und Junioren-Weltmeisterin Ida Jansson haben das Schriftstück unterzeichnet. Woraufhin der Schwedische Verband bekannt gab, niemanden zur WM zu entsenden.

Der Hintergrund
Es gibt eine Regel, die vorschreibt, dass man bei EM und WM (und Olympia) das nationale «Kit» tragen muss. Usus ist, dass die Sportler bei Europa- und Weltmeisterschaften jeweils das nationale Trikot und die zugehörige Hose tragen. Doch es gibt keine Regel des Weltradsportverbands UCI, die das auf Trikot und Hose einschränkt. Im Grunde, so argumentiert Frischknecht und nicht nur er, könnte der nationale Verband auch einen Kontrakt mit einem Bikehersteller unterzeichnen und dann müssten nach deren Logik Scott-Sram-Fahrer mit den Sportgeräten eines großen Marken-Konkurrenten antreten. Abgesehen davon, dass das in den meisten Fällen für einen Mountainbiker ein Handicap wäre, würde das auch die komplette Finanzierung der Rennställe in Frage stellen.

Die Vorgeschichte
Frischknecht hat schon im Vorjahr mit anderen Teammanagern ein entsprechendes Schreiben aufgesetzt und die UCI gebeten, diesen Konflikt zu lösen. Auch für die Zukunft. Doch das ist nicht geschehen. Bei der EM in Schweden 2016 war Frischknecht entgegengekommen, so dass Rissveds in ihrem Heimatland mit einem Poc-Helm die Europameisterschaften bestreiten konnte. Den Rest, die WM und Olympia, fuhr sie mit einem Scott-Helm. Der Streit konnte aber nicht ausgeräumt werden, beide Seiten blieben stur. Oder mussten es bleiben.

Damit steht man jetzt erst mal vor einem nicht geringen Scherbenhaufen. Abgesehen von einer verpassten WM-Teilnahme (und auch EM-Teilnahme) seitens Rissveds, Engen und Co. und einer immensen Belastung bei Jenny Rissveds, die mit ihrem Verband seit nun mehr eineinhalb Jahren im Clinch liegt und mit diesem Druck nicht gut klarkommt.

Ein Vertrag, der auch in Zukunft Probleme bereiten kann
Alexandra Engen hat ihren Teammanager Tom Wickles die Gespräche führen lassen und sich so gut wie möglich herausgehalten. Ihre Meinung dazu ist allerdings eindeutig: «Vor allem finde ich die Art und Weise, wie das alles passiert, schlimm. Der Vertrag wurde uns präsentiert, nachdem wir schon längst bei unseren Teams unterschrieben haben. Wir wurden auch nicht gefragt. Ich finde es traurig, dass wir deshalb nicht zur WM fahren können. Grundsätzlich stelle ich mich auf die Seite der Teams. Klar ist EM und WM wichtig, aber wenn man das ganze Jahr sieht, muss man sehen, wer uns finanziert und uns den Sport auf hohem Niveau ermöglicht.»

Die ehemalige U23-Weltmeisterin verweist noch auf einen anderen Aspekt: «Wenn man das auf längere Sicht sieht, können wir Schweden mit diesem Vertrag ein Problem bekommen», meint Engen. «Es wird schwierig uns Schweden anzustellen, wenn wir solche Einschränkungen haben. Wir sind ein kleines Land und es ist sowieso schwer für uns bei einem internationalen Team einen Vertrag zu bekommen.»

Klar, so Engen, der Verband müsse auch versuchen Gelder zu akquirieren, aber das greife zu weit in den Profi-Betrieb ein.

Es braucht: Eine Regelung der UCI
Die Schweden sind übrigens nicht der erste Verband, der mit MTB-Profi-Teams in Konflikt gerät. Bart Brentjens hatte es mit British Cycling zu tun, schon als Annie Last bei ihm fuhr und auch wegen Grant Ferguson gab es Diskussionen mit den Briten.

Eine klare Lösung tut Not und die Richtlinie dafür kann eigentlich nur von der UCI kommen. Sie muss dabei auch dem Umstand Rechnung tragen, dass im Mountainbike-Sport andere Strukturen zum Tragen kommen, als im Teamsport auf der Straße. Denn damit argumentiert der Schwedische Verband. «Die sagen, die machen das alle, nur ihr Mountainbiker nicht», erzählt Alexandra Engen. Das ist aber auch keine Individualsportart, bei dem individuelles Kopf-Sponsoring von Bedeutung ist. Und eine WM ist längst nicht das bedeutendste Rennen im Jahr.

Im Fußball kicken die deutschen Weltmeister übrigens auch alle im Adidas-Trikot und -Stutzen, aber in Nike- oder Puma-Kickstiefeln. Darüber gab es natürlich auch irgendwann mal Streit. Aber dass deshalb ein Profi eine WM versäumt hätte, davon ist nichts bekannt.

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