Berlin (dpa) - Radfahren war für ihn harte Arbeit. «Wie ein Maurer auf dem Bau» hat sich Rolf Wolfshohl, der am 27. Dezember seinen 65. Geburtstag feiert, früher gefühlt.
«Aber es hat immer Spaß gemacht, wie es mir heute Spaß macht, im Geschäft zu helfen», sagte der ehemalige Radprofi aus Nackhausen bei Siegburg, der seinen großen Tag genauso begeht, wie er immer gelebt hat: bescheiden, bodenständig. «Eine große Feier gibt's vielleicht wenn ich 100 werde wie Johannes Heesters».
Wenn das Wetter mitspielt, wollen die Wolfshohls am Tag nach dem Geburtstag zu einer kleinen Radtour aufbrechen. Im Jahr bringt es der Rheinländer, der sich erste sportliche Sporen als Eiskunstläufer verdiente, noch auf rund 6000 Kilometer. Auch ein Beweis für seine ausgezeichnete körperliche Verfassung: «Ich denke nie daran, wie alt ich bin.» Als Profi trat er von 1959 bis 73 in die Pedale und nutzte danach den Schwung zum Aufbau eines Radsport-Geschäfts.
In den 60er Jahren stand der große Kämpfer immer ein wenig im Schatten von Rudi Altig, ähnlich wie Erik Zabel hinter Jan Ullrich - nur mit umgekehrten Vorzeichen: Wolfshohl war der bessere Rundfahrer, Altig der Sprinter. «Rudi war immer im Rampenlicht. Darüber war ich aber nie sauer», sagt Wolfshohl, der 1968 fast das geschafft hätte, was Ullrich 1997 mit dem ersten Tour-Sieg eines deutschen Radprofis vollbrachte. Dem Olympiasieger traut er 2004 den zweiten Erfolg zu: «Das Talent dazu hat Jan. Außerdem wirkt er verantwortungsvoller als früher. Diesen Eindruck hatte ich im September auf Rügen jedenfalls.»
Altig lässt auf Wolfshohl nichts kommen: «Die Verlässlichkeit in Person. Manchmal hat er aber auch verrückte Dinge gemacht. Nach seinem Sieg bei Paris-Nizza war Rolf in Topform. Aber anstatt die auszunutzen, hat er zu Hause tagelang eine riesige Grube für den Swimmingpool ausgehoben.» Im selben Haus mit Schwimmbecken wohnt der Rentner Wolfshohl noch heute: «Das hat damals vielleicht 200 000 Mark gekostet und ist heute eine Million wert. So gerechnet lagen wir in der Bezahlung gar nicht so weit unter den heutigen Gagen. Im Vergleich zum Golf oder Tennis und gemessen an der Härte des Jobs, halte ich die Radprofis heute keineswegs für überbezahlt.»
1968 war sein großes Jahr. Nach dem Erfolg in Nizza fuhr der Vuelta-Sieger von 1965 bei der Tour de France im Gelben Trikot, war aber alles andere als professionell behütet. «Unser sportlicher Leiter hatte als Betreuer bei Sechstagerennen wenig Erfahrungen. Ich verlor das Trikot nach einem Sturz, weil ich viel zu lange auf den Materialwagen warten musste», erinnert sich Wolfshohl, der dazu das Pech hatte, dass Nationalmannschaften und keine Werkteams am Start waren. Einer seiner wertvollsten Helfer war der Sechstage-Spezialist Dieter Puschel: «Nach zwei Tagen waren schon vier Fahrer aus unserem Zehner-Team zu Hause.» In Paris landete Wolfshohl auf Rang sechs.
Bitter wurde es auch 1963 im Ziel von Mailand-San-Remo. 45 Minuten durfte er sich als Sieger fühlen. Doch nach Protest der Franzosen wurde Joseph Groussard im Millimeter-Finish zum Sieger erklärt. Wolfshohl: «Mein Chef bei Peugeot wusste nicht, was er machen sollte und verhielt sich passiv. Er war eigentlich ein Hobby- Teamleiter.» Aber diese sportlichen Rückschläge waren für den dreifachen Cross- Weltmeister nichts gegen den Schicksalsschlag, der seine Familie 1984 traf. Sohn Rolf-Dieter brach sich bei den deutschen Meisterschaften einen Halswirbel und ist seit dem Sturz gelähmt.