London (dpa) - Kaum hatten Kristina Vogel und Miriam Welte das Velodrome im Olympia-Park betreten, leuchteten ihre Augen wie vor vier Jahren.
«Dieser Ort ist mit so vielen Emotionen verbunden. Das bringt das Lächeln und Strahlen ins Gesicht. Es ist, als ob es gestern gewesen ist», sagte Vogel der Deutschen Presse-Agentur vor den am Mittwoch beginnenden Bahnrad-Weltmeisterschaften in London. Und Welte pflichtete bei: «Wenn ich mir die Bilder angucke, bekomme ich jedes Mal eine Gänsehaut, weil es einfach etwas Besonderes war.»
Es war der 2. August 2012, als fast schon wundersame Dinge geschahen. Die beiden Teamsprinterinnen waren nach ihrer Final-Niederlage gerade zum Interview bei der BBC, als sich die Nachricht von der Disqualifikation der Chinesinnen herumsprach. Plötzlich waren Vogel und Welte Olympiasieger, nachdem sie schon im verlorenen Halbfinale vom Ausschluss der britischen Favoritinnen profitiert hatten. Es war die erste Goldmedaille im deutschen Frauen-Radsport überhaupt.
Vier Jahre später sind die «Golden Girls» zurück. Und als Erstes betätigte sich Vogel gleich einmal als Reiseführerin für die WM-Debütanten Emma Hinze und Maximilian Dörnbach. «Es ist schon was Cooles, wenn du mit denen durch das ehemalige Olympische Dorf fährst und ihnen zeigen kannst: Hier habe ich geschlafen, hier war meine Wohnung», berichtete die 25-Jährige.
Vogel und Welte wollen in London aber nicht nur in Erinnerungen schwelgen. «Ich gehe an den Start, weil ich gewinnen möchte. So ein Regenbogentrikot steht mir ganz gut. Ich hoffe, dass ich als Weltmeister nach Hause kommen werden», sagte Vogel, die bereits sechs WM-Titel eingefahren hat. Drei davon mit ihrer Partnerin Welte im Teamsprint. Allerdings lief es für die 29 Jahre alte Pfälzerin in der Wintersaison nicht sonderlich gut. Im Oktober hatte sie sich kurz vor der EM bei der Teezubereitung kochendes Wasser über den rechten Fuß gegossen und Verbrennungen zweiten Grades erlitten.
Inzwischen sind die Trainingszeiten wieder gut. Vorsichtig wird Bronze als Ziel ausgegeben, auch weil die Konkurrenz aus Russland und China «brutal stark» (Vogel) ist. So ist die WM eine wichtige Standortbestimmung auf dem Weg nach Rio. «Unser großer Traum ist es, noch einmal Olympiasieger zu werden. Ich reiße mir jeden Tag im Training dafür den Arsch auf», berichtete Welte.
Popularität, viele Ehrungen und Einladungen hatte dem sympathischen Duo der Olympiasieg eingebracht, finanziell ausgezahlt hat sich der Coup von London aber nicht. «Wir sind eine Randsportart und werden - egal wie erfolgreich wir sind - nicht so reich, um Millionen zu verdienen. Es ist ein schöner Zuverdienst, aber leben kann man davon nicht», betont Welte. Beschweren wollen sich die Freundinnen nicht, bei der Landes- und Bundespolizei haben sich beide ein zweites Standbein aufgebaut.
In der Vorbereitung auf WM und Olympia müssen sie auch keinen Dienst schieben, damit der Traum vom zweiten Gold wahrwerden kann. Zur Einstimmung darauf gibt es keinen besseren WM-Ort als London.