Bretten (dpa) - Beim Zeitfahren schon wieder stark, am Berg noch verbesserungsfähig: Das war für Jan Ullrich vier Wochen vor dem Start der 90. Tour de France die Bilanz des Wochenendes der Wahrheit bei der Deutschland-Tour.
Der Olympiasieger (52:47 Minuten) wurde beim Zeitfahren über 40,7 km von Maulbronn nach Bretten hinter Überraschungssieger Michael Rogers (Australien/51:36) Zweiter. Damit wischte Ullrich bei seinem ersten großen Zeitfahren nach der WM 2001 in Lissabon den Eindruck vom Vortag weg, als er auf dem Feldberg mit 1:22 Minuten Rückstand auf den Tagessieger José Azevedo (Portugal) nach seiner langen Pause noch verständliche Formrückstande offenbarte.
Im Ziel der 6. und vorletzten Etappe durfte sich der 23-jährige Newcomer Rogers das Weiße Trikot des Führenden in der Gesamtwertung überstreifen. Auf der letzten Etappe am Pfingstmontag dürfte ihm mit jetzt 1:19 Minuten Vorsprung auf Azevedo keine Gefahr mehr drohen. Rogers, zuletzt Gewinner der Belgien-Rundfahrt, profitierte vom Sturz des Spaniers Igor Gonzalez de Galdeano, der drei Kilometer vor dem Ziel folgenschwer zu Fall kam. Wahrscheinlich brach sich Galdeano, der am Vortag die Wiederholung seines Vorjahreserfolges scheinbar schon perfekt gemacht hatte, das Schlüsselbein.
Ein zweiter Pechvogel war wieder ein Mal Uwe Peschel vom Team Gerolsteiner. Auf dem Weg zur Bestzeit stürzte der Berliner 300 Meter vor dem Ziel in einer Kurve und verlor entscheidende Zeit.
Eine einzigartige Demonstration der Stärke hatte die spanische Once-Mannschaft auf der 5. Etappe auf dem Feldberg abgeliefert. Galdeano schien sich durch Rang zwei die Voraussetzungen für den Gesamtsieg geschaffen zu haben, sein Team-Kollege Azevedo holte sich nach 191 km den Tagessieg und drei weitere Once-Fahrer kamen unter die ersten Sechs. Auf Rang vier hatte sich der Ansbacher Jörg Jaksche gefahren, der mit seiner Attacke den Erfolg seines Teams eingeleitet hatte.
Zu den großen Verlierern gehörte am Wochenende Zeitfahr- Weltmeister Santiago Botero (Kolumbien), der normalerweise auch auf bergigem Terrain bestens zurecht kommt. «Er war zwei Mal krank, erst eine Erkältung, dann eine Magen-Infektion, das steckte ihm noch in den Knochen», sagte Telekom-Teamchef Walter Godefroot, der sich den Gesamtsieg für die Prestige trächtige Tour vor der Haustür des Sponsoren wieder abschminken konnte.
Ein prominenter Fürsprecher stärkte Ullrich nach leichter Kritik den Rücken. «Für einen, der zwei Jahre praktisch nicht gefahren ist, hat er die Sache im Schwarzwald doch gut gemacht. Er wird sich bis zur Tour noch verbessern und ist sicher auf einem richtigen Weg», sagte Once-Teamchef Manolo Saiz (Spanien), der in Frankreich Joseba Beloki mindestens wieder auf Rang zwei wie im vergangenen Jahr lotsen will.
Am Sonntag konnte Ullrich mit seiner Leistung zufrieden sein, auch wenn er hinterher meinte, zum «alten Ullrich» würden noch zweieinhalb Minuten fehlen. «Ich bin nicht voll losgefahren, weil ich lange kein Zeitfahren bestritten und keinen richtigen Maßstab hatte. Aber ich fand dann meinen Rhythmus und die letzten 20 Kilometer bin ich dann voll gefahren. Zum Gewinnen reicht es noch nicht ganz, aber ich bin für die Tour auf dem richtigen Weg», sagte der Bianchi-Kapitän, der sich im Gesamtklassement auf Rang fünf als zweitbester Deutscher hinter Jaksche verbesserte.
Einzelzeitfahren Maulbronn - Bretten (40,7 km):
Rang | Name | Zeit |
1. | Michael Rogers (Australien) | 51:36 Min. |
2. | Jan Ullrich (Scherzingen) | + 1:10 Min. |
3. | Alexander Winokurow (Kasachstan) | + 1:13 |
4. | Michael Rich (Emmendingen) | + 1:25 |
5. | Uwe Peschel (Berlin) | + 1:26 |
6. | Laszlo Bodrogi (Ungarn) | + 1:57 |
Rang | Name | Zeit |
1. | Michael Rogers (Australien) | 24:50:41 Std. |
2. | José Azevedo (Portugal) | + 1:19 Min. |
3. | Alexander Winokurow (Kasachstan) | + 1:52 |
4. | Jörg Jaksche (Ansbach) | + 1:54 |
5. | Jan Ullrich (Scherzingen) | + 2:01 |
6. | Isidro Nozal Vega (Spanien) | + 2:18 |