Kopenhagen (dpa) - Die Dänen räumen gründlich mit ihrer Heldenverehrung für Bjarne Riis auf. Der Ex-Radprofi und Tour-de-France-Sieger hatte zuvor systematisches Doping gestanden.
Nun beschloss der Nationale Ausschuss für Dänemarks «Sport-Kanon», den Tour-Sieger des Jahres 1996 aus der erlauchten Sammlung der zwölf größten nationalen Leistungen aller Zeiten zu streichen. Wie die zuständige Sprecherin Else Trangbæk in Kopenhagen anmerkte, hat der Kanon-Ausschuss die Streichung von Riis verfügt, weil sein Triumph bei der Tour de France «unehrlich» zu Stande gekommen sei.
«Er hat selbst zugegeben, dass seine Leistung auf Betrug aufgebaut ist. Deshalb kann Riis nicht im Kanon dabei sein», sagte Trangbæk. Die Sportpolitikerin nannte den Tour-Sieg ihres Landsmannes «eher eine medizinische als eine sportliche Leistung». Gefordert hatten den Ausschluss nicht zuletzt aktive dänische Spitzensportler über ihr «Aktivenkomitee» beim Dachverband DIF.
Ironie der Sport-Geschichte: Noch vor Kurzem hieß das prominenteste Mitglied dieses vor allem in Sachen Dopingbekämpfung tätigen Komitees Bjarne Riis. Jetzt meinte der Komiteechef und Ruderer Victor Feddersen: «Man kann einfach nicht belohnen, dass er durch Betrug andere um die Möglichkeit zu Sieg, Ruhm und Ehre gebracht hat.»
Zu den zwölf Namen im «Sport-Kanon» gehören unter anderem die dänische Siegerelf bei der Fußball-EM 1992, der Leichtathlet und 800-Meter-Weltrekordler Wilson Kipketer (36), der vierfache Segel-Olympiasieger Paul Elvstrøm (79) und als bester dänischer Fußballer Michael Laudrup (42).
Riis hatte im Gefolge mehrerer Geständnisse deutscher Fahrer in seinem früheren Team Telekom erklärt, dass er sich von 1993 bis 1998 mit dem verbotenen Ausdauermittel EPO gedopt habe. Er will seine Arbeit als Besitzer und Chef des dänischen Profi-Rennstalls Team CSC fortsetzen. Der Chef der Tour de France, Christian Prudhomme, sagte dazu, er wäre «schockiert», wenn der Däne bei der im Juli anstehenden Tour als Teamchef wieder dabei wäre.
Vor elf Jahren hatten 100 000 Fans ihren «Adler aus Herning» begeistert in Kopenhagen gefeiert, als er von seinem Tour-Sieg heimkehrte. Der Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen hielt eine hingebungsvolle Lobrede, und die Zeitung «Politiken» schrieb: «Riis benahm sich undänisch, als er ohne rot zu werden schon vor dem Start erklärte, dass er stark genug für den Toursieg sei. Danke! Endlich ein Däne, der sich zu seinem Ehrgeiz bekennt.»
Tapfer zu dem ohne Bedauern oder Reue bei seinem Doping-Geständnis agierenden Riis steht nur noch seine Geburtsstadt Herning: Hier bleibt die Ehrenplakette am Marktplatz hängen. Auch der örtliche Radsport-Verein will den Tour-Sieger als Ehrenmitglied behalten.