Altenburg (dpa) - Telekom ist arriviert und erfolgreich, Bianchi produziert dank Jan Ullrich die größten Schlagzeilen, und Gerolsteiner besticht durch etwas biedere Solidität. Die drei deutschen Top-Rennställe, die sich ab 5. Juli zum ersten Mal gemeinsam bei der Tour de France messen werden, liegen im Koordinatensystem der öffentlichen Wahrnehmung ziemlich weit auseinander.
Auf einzelne Rennfahrer übertragen, konkurrieren bei der Deutschland-Tour als Test für die «große» Tour Santiago Botero, Olympiasieger Ullrich und Michael Rich um den Gesamtsieg.
Der zweifache Vize-Weltmeister im Zeitfahren, Michael Rich vom Gerolsteiner-Team, tritt freiwillig ins zweite Glied: «Botero ist Top-Favorit. Er ist hier, um zu gewinnen, und ich wäre vorsichtig zu sagen, Ullrich kann hier nicht gewinnen, weil er in seinem Formaufbau noch nicht so weit ist.» Keine Frage: Die 5. Deutschland-Tour nach ihrer Wiederbelebung 1999 wird auf der «Königsetappe» auf den Feldberg und am folgenden Tag beim 40,7 km langen Einzelzeitfahren in Bretten entschieden. Die Strecke hat Rich in der vergangenen Woche inspiziert.
Richs Zurückhaltung hat viel mit Taktik zu tun. Der Emmendinger, am Berg nicht so stark, aber ein intimer Kenner der Schwarzwald- Etappe, weil er hier regelmäßig trainiert, ist in Top-Form. Sein Sieg bei der stark besetzten Bayern-Rundfahrt ist Beweis dafür. Außerdem entscheidet sein Auftreten bei der Deutschland-Tour über seinen Start bei der Frankreich-Rundfahrt - zusätzliche Motivation.
«Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob wir ein Zeitfahr-orientiertes Team zur Tour schicken werden», meinte Teamchef Hans-Michael Holczer, der in Frankreich auch auf den Giro-Fünften Georg Totschnig (Österreich), den Henninger-Turm-Sieger Davide Rebellin (Italien) und Udo Bölts (Heltersberg) setzt, der seine 12. und «definitiv letzte» Tour bestreitet. Die Chancen für Rich und seine Tour-Premiere im Alter von 33 Jahren stehen nicht schlecht: «Ich sollte extra den Giro nicht fahren, um mich zu schonen, aber ich fahre nur nach Frankreich, wenn die Form stimmt, sonst wird's zu grausam.»
Der erste Tag der Deutschland-Tour verlief allerdings alles andere als nach dem Geschmack Richs, abgesehen von den verlorenen zehn Sekunden in den Schikanen des Zielbereichs von Altenburg. «Der Tod des Franzosen Fabrice Salanson geht nicht so spurlos an einem vorbei, obwohl ich ihn nicht direkt kannte. Aber er war ein Arbeitskollege. Ich habe auf ähnliche Art im März beim Volleyball einen Freund verloren.»
Ein Herzschrittmacher hat Richs ehemaligem Team-Kollegen Torsten Nitsche wahrscheinlich das Leben gerettet. Im Februar wurde bei dem 25-jährigen Erfurter ein seltener Herzfehler diagnostiziert und musste deshalb seine Karriere beenden.