Los Angeles (dpa) - Nach 18 Jahren ist Rene Wolff am «schönsten Tag meines Sportlebens» angekommen. Mit zwei souveränen Siegen im Finale sicherte sich der Bahnradsportler vom RSC Turbine Erfurt Ostern in Los Angeles seinen ersten Weltmeistertitel im Einzelsprint.
«1987 habe ich mit dem Radsport begonnen. Und von Anfang an war mein größtes Ziel, Sprint-Weltmeister zu werden. Der Sprint ist die Königsdisziplin. Nur Gold bei Olympia könnte das toppen»«, sagte Wolff im Hochgefühl des Glücks. Der Erfolg in der «Stadt der Engel» ist dem am 4. April 27 Jahre alt werdenden Thüringer mehr wert, als der Olympiasieg im Team-Sprint von Athen.
Mit seinem Regenbogentrikot sorgte der Olympia-Dritte zugleich für den krönenden Abschluss des viertägigen Championats, nachdem zwei Tage zuvor Robert Bartko (Berlin) in der Einzelverfolgung über 4 000 m die erste Goldmedaille für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gewonnen hatte. Außer den beiden Siegen gab es für die 17-köpfige deutsche Mannschaft durch das Sprint-Team mit Wolff, Matthias John (Erfurt) und Stefan Nimke (Schwerin) eine Bronzemedaille zu bejubeln.
Sieben Monate nach der guten Olympia-Bilanz mit einer Gold- und drei Bronzeplaketten kamen die BDR-Athleten nach 15 WM-Entscheidungen in der Medaillenwertung hinter Großbritannien (4/1/1) und die Niederlande (2/3/3) auf den dritten Rang. Sie machten damit die Schmach der Vorjahres-WM in Melbourne mit einmal Bronze vergessen.
Die deutsche Equipe verbuchte zudem drei fünfte Plätze durch Nimke (1 000 m Zeitfahren), Jan van Eijden (Dudenhofen/Keirin) und Guido Fulst (Berlin/Punktefahren über 40 km) sowie drei sechste Ränge durch Carsten Bergmann (Chemnitz/1 000 m Zeitfahren), Andreas Müller (Berlin/ Scratch über 15 Kilometer) und in der Mannschaftsverfolgung über 4 000 m. Die beste Frauen-Platzierung erzielte Verena Jooß (Friesenheim) als Achte in der Einzelverfolgung über 3 000 m.
«Wir sind natürlich nicht mit allen Leistungen zufrieden, vor allem was den Frauenbereich betrifft. Ein Jahr nach Olympia geht die Tendenz jedoch eindeutig in die richtige Richtung. Zumal wir die prestigeträchtigsten Einzeldisziplinen gewonnen haben», zog BDR-Sportdirektor Burkhardt Bremer eine positive Bilanz. Wie Sprint-Bundestrainer Detlef Uibel und der zurückgetretene Sprint-Star Jens Fiedler gehörte er zu den ersten Gratulanten von Wolff. Mit Bier stießen sie im Fahrerlager auf den goldenen Abschluss an. Charlotte Becker (Unna) im Scratch-Rennen und die Olympia-Vierten Bartko/Fulst im Madison waren zuvor über neunte Plätze nicht hinausgekommen.
Sein einstiger Mannschaftskamerad habe das, was er kann, perfekt umgesetzt, meinte Fiedler. Dem dreimaligen Sprint-Olympiasieger, der 1991 seinen einzigen WM-Einzeltitel erkämpfte, war sich vor den Endläufen sicher, dass Wolff «das ganz große Ding reißt.» Wie der Junioren-Weltmeister von 1995 und 1996 in dem seit 1893 ausgetragenen Wettbewerb zum 20. deutschen WM-Sieg durchsprintete - zuletzt gewann Jan von Eijden 2000 - war bewundernswert. Wolff, der Literatur und im Nebenfach Philosophie studiert, blieb im Turnier ungeschlagen. Nachdem er vor 2000 Zuschauern auf dem 250 Meter langen Oval im Viertelfinale den Keirin-Weltmeister Teun Mulder (Niederlande) und im Halbfinale den zweifachen WM-Zweiten und jetzigen Dritten Jobie Dajka (Australien) ausgeschaltet hatte, wies er auch den Franzosen Mickael Bourgain problemlos in die Schranken.
Wolff, der in den nächsten zwei Monaten in Japan bei Keirin-Rennen sein Jahreseinkommen verdoppeln möchte, war überzeugt, das Finale zu gewinnen. «Ich sagte mir: So einfach wird es nie wieder. Du musst es packen», schilderte der Team-Sprint-Weltmeister von 2003 seine Gedanken vor den «wichtigsten Läufen meines Lebens». Sein erster Dank galt Heimtrainer Jochen Wilhelm, dem er per SMS mailte: «Richtiger Weltmeister.» Die Medaillen wird er seinem Coach diesmal aber nicht schenken. Im Vorjahr hatte das Leichtgewicht unter den Sprintern (74 kg) Wilhelm versprochen, dass er jede Plakette von ihm behalten darf.