Hamburg (dpa) Radsportfans brauchen ein dickes Fell - spätestens seit den Doping-Skandalen 2006 um Jan Ullrich und Floyd Landis. Sportliche Glücksmomente mussten Meldungen über Testosteron-, Epo- oder Eigenblut-Doping Platz machen.
Während das Fernsehen bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt mit einem Einbruch der Einschaltquoten rechnen muss - nach einer Umfrage der Zeitschrift «TV Guide» sind nur noch 23 Prozent der Deutschen an der Tour interessiert - steht eines fest: Wenn der Tross durch Frankreich rollt, stehen wieder Millionen begeisterte Zuschauer an den Serpentinen, Straßen und Alleen Spalier.
Doch reicht die Faszination des Sports aus, um das Vertrauen der Fans zurückzugewinnen? Eine Aussage über die allgemeine Stimmung zu treffen, fällt schwer. Dafür ist die Fankultur im Radsport zu individuell geprägt: Auf Grund der oft wochenlangen Rundfahrten und der ständigen wechselnden Schauplätze ist an eine in Vereinen organisierte Fangemeinschaft kaum zu denken.
Einige gibt es dennoch: Dieter Schneider leitet den «Jirrelsteener Kreisel», einen Team-Gerolsteiner-Fanclub mit rund 40 Mitgliedern. «Die Doping-Affären sind enttäuschend für jeden, der den Radsport liebt. Aber uns trifft es nicht ganz so hart wir treiben selbst Radsport», sagt Schneider. «Für uns stand deshalb schon immer mehr der Sport als der Personenkult im Vordergrund». So wird sich auch in diesem Jahr eine kleine Gruppe des «Kreisels» nach Südfrankreich aufmachen, um hautnah zwei Etappen der Tour zu verfolgen. Dopingkritische Protestaktionen werde es von ihnen aber nicht geben.
Auch Falk Radisch hält nichts von Boykottaufrufen, der Sprecher der Initiative «Fans gegen Doping» gibt aber zu, dass die derzeitige Situation an den Nerven nagt. «Der Verdacht fährt bei jedem Rennen mit, deshalb hoffen wir, dass endlich reiner Tisch gemacht wird», meint er. «Die Geständnisse der letzten Wochen sind der richtige Weg.» Und genau das will die Initiative «Fans gegen Doping» unterstützen. «Wir wollen zeigen, dass es immer noch genügend Fans gibt, die Spaß am Radsport haben und bereit sind, Vertrauen zu schenken», sagt Radisch, der mit seinen neun aktiven Mitstreitern auch in diesem Jahr zur Tour de France fährt.
«Ich kann gut verstehen, wenn die Fans bei Bergetappen ausgelassen am Straßenrand feiern und anfeuern», sagt Radisch. «Da vergisst keiner die Doping-Probleme. Das ist einfach die pure Freude am Radsport.» Deshalb beschränken sich Radisch und die Fan-Initiative auch darauf, bei der Tour de France statt der üblichen Fahrernamen ihre Botschaft «Fans gegen Doping» auf die Straße zu pinseln.
«Tour-Teufel» Didi Senft ist es mittlerweile leid, über Doping zu reden. Senft ist weltbekannt durch sein feuerrotes Kostüm und den Dreizack, mit dem er seit 15 Jahren bei den Tour-Etappen dabei ist. «Wer die Tour lange genug hautnah miterlebt hat, der weiß, was dieser Sport bedeutet», sagt er. Und: «Die deutsche Meisterschaft hat es gezeigt: Radrennen ist immer noch ein fantastischer Sport Spannung und Begeisterung sind da - und so wird es auch bleiben.»