Sölden (dpa/rad-net) - Das Feld der potenten Radsport-Sponsoren sortiert sich neu. Das US-Team Discovery-Channel wird sich auflösen, Crédit Agricole aus Frankreich verabschiedet sich wie vor längerer Zeit bereits angekündigt und der Sponsor der deutschen Zweitliga-Mannschaft Wiesenhof nutzte die Negativ-Schlagzeilen um die Doping-Beichten einiger Telekom- oder T-Mobile-Fahrer, um sich aus dem Radsport-Sponsoring zum Saisonende zu verabschieden.
Während T-Mobile bereits angekündigt hat, dem Radsport treu zu bleiben, laufen bei Gerolsteiner die Gespräche noch. Für die Nordmilch als Sponsor des Teams Milram ist die Fortsetzung des Sponsorings wie vertraglich vereinbart eigentlich keine Frage, zu Details laufen aber auch hier die Gespräche noch. «Schuld sind die weiter dopenden Profis und die Presse, die die Affären wochenlang ausschlachtet, ohne auf andere Sportarten zu schauen. In zwei, drei Jahren gibt es in Deutschland an der Spitze vielleicht nur noch T-Mobile mit vielleicht zehn einheimischen Topfahrern. Dann wird auch der Unterbau der Nachwuchsfahrer verschwinden», fand Wiesenhof-Manager Jens Heppner klare Worte. Er habe nur geringe Hoffnung, die drohende Arbeitslosigkeit für seine rund 35 Angestellten abzuwenden.
Nach dem verkündeten Aus für Discovery Channel drängt noch weitaus profilierteres Personal auf den Markt. «Das muss man sich mal vorstellen: Wir haben in den vergangenen neun Jahren acht Mal die Tour de France gewonnen und sind als Team nicht mehr vermittelbar. Unter Umständen nicht ohne Grund.
Schwer vermittelbar dürfte auch Tour-Sieger Alberto Contador sein: «Sein Manager steht da vor einem Haufen Arbeit.» Hans-Michael Holczer, Manager des Teams Gerolsteiner, würde Interessenten empfehlen, beim Zugriff auf den Discovery-Nachlass zuerst «die Blutwerte der Fahrer» abzufragen.
Sein Sponsor, der Mineralwasser-Hersteller aus der Vulkaneifel, will Anfang September entscheiden, wie es nach 2008 weiter geht. «Ich glaube, die Entscheidung des Konzerns, der einen Jahresumsatz in der Höhe des gesamten Werbetats von T-Mobile hat, steht noch nicht fest. Verantwortlich dafür werden weniger die Doping-Problematik als vielmehr die wirtschaftlichen Faktoren sein», sagte Holczer, der für den Fall der Fälle «noch keine spruchreifen Alternativen in der Schublade» hat. Er habe sicherheitshalber bisher nur «lose Kontakte» geknüpft.
Holczer hätte, wenn sein Sponsor nicht mehr will, ein Qualitäts-Produkt anzubieten: «Fahrer auf höchstem Niveau, eine funktionierende Team-Struktur, keine Affären.» Alles für einen Jahresetat von rund acht Millionen Euro zu erstehen. Holczer: «Vielleicht ein bisschen mehr, weil erste Liga immer etwas teurer ist.» Den Wert aller 20 ProTour-Teams taxierte der ehemalige Mathematik-Lehrer auf 189 Millionen Euro. Der Fall Discovery ist für Holczer nur der beste Beweis seiner These, dass sich der Radsport «benimmt wie ein Selbstmörder, der sich der wirtschaftlichen Plattform beraubt».
Aber der Manager aus Herrenberg sieht durch die jetzt offensichtlich besser greifenden Doping-Kontrollen auch einen ganz zarten Silberstreif am Horizont: «Die Ereignisse der Tour de France haben unseren Sport wieder etwas glaubwürdiger gemacht.»