Stuttgart (dpa) - Politik statt Sport, Konfrontation statt Kooperation: Die Rad-WM ist Schauplatz persönlicher Fehden, der Sport nur Nebensache. Von einem «Neuanfang», wie ihn unisono die Protagonisten verkündeten, ist nichts übrig geblieben.
Stattdessen führen der Welt-Verbandspräsident Pat McQuaid und sein nationaler Kollege Rudolf Scharping einen erbitterten Streit mit WM-Organisationschefin Susanne Eisenmann. Es geht um persönliche Profilierung, Geltungssucht und Schuldzuweisungen. «Sie benutzt die Probleme mit Doping, einem sehr komplexen Thema, um ihre eigene politische Strategie voranzutreiben. Das ist eine sehr gefährliche Einstellung», attackierte UCI-Chef McQuaid die resolute CDU- Politikerin.
Eigentlich hätte das Trio bei den Medaillenvergaben stolz in die Kameras lächeln und sich ansonsten weitgehend vom Blitzlichtgewitter fernhalten sollen. Stattdessen werden die Funktionäre teilweise von mehr Journalisten umringt als die Fahrer von den wenigen Zuschauern bei ihrer Zielankunft. «Ich bin überzeugt davon, dass die Titelkämpfe alle Erwartungen erfüllen werden», hatte McQuaid ins offizielle WM- Programmheft geschrieben. Die «Chaostage» («Stuttgarter Zeitung») in der baden-württembergischen Landeshauptstadt mit Justizquerelen und Doping-Schlagzeilen dürfte der Ire damit nicht gemeint haben.
In seinem Dauerzwist mit Eisenmann wird McQuaid von BDR-Chef Scharping unterstützt. Beide werfen der Sportbürgermeisterin egoistische Ziele vor und unterstützen damit Gerüchte, die CDU- Politikerin wolle sich mit ihren Aktionen in Position bringen, um Anfang 2013 Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) abzulösen. «Hier geht es um persönliche Profilierung», urteilte Scharping. Bei der Vorstellung der deutschen Teams für die Straßenrennen legte der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) noch einmal nach und wurde dabei ziemlich laut: «Wenn Ihr alles kaputtmachen wollt, müssen bestimmte Leute so weitermachen, wie die Bürgermeisterin es tut.»
McQuaid, der auf seinem Posten selbst alles andere als unumstritten ist und hinter dem seit dem Vorjahr nicht mehr amtierende Hein Verbruggen stehen soll, drohte der «Europäischen Sporthauptstadt Stuttgart» ganz unverhohlen: «Die UCI ist in einer Position, die Probleme, mit denen sie sich hier konfrontiert sieht, an die Radsport-Szene zu kommunizieren. Das könnte dieser Stadt sehr schaden.» Die Zurückweisung der durch die Stadt eingereichten Einstweiligen Verfügung durch das Landgericht gegen einen Bettini- Start stärkte die Position des Weltverbandes, der die «großen Bemühungen der Organisatoren und unser starkes Anti-Doping-Programm von den Politikern untergraben» sieht.
«Natürlich wird man den Imageschaden nachher bewerten müssen. Wir haben die Grundlage für eine sportlich tolle WM geschaffen. Ich bin gegenüber dem Steuerzahler verantwortlich. Ich bin dafür zuständig, von der Landeshauptstadt einen Imageschaden fernzuhalten. Ich werde auch nicht dafür bezahlt, dass mich jeder mag», sagte die Sportbürgermeisterin, deren Drang zu den Mikrofonen spürbar nachgelassen hatte.