Saint-Quentin-en-Yvelines (rad-net) - Dass Ese Lovina Ukpeseraye bei den Olympischen Spielen auf der Bahn starten kann, verdankt sie dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Eine ungewöhnliche Geschichte über unkomplizierte Hilfe über Landesgrenzen hinweg. Eine Geschichte, wie sie nur Olympia schreibt.
Die 25-Jährige kommt aus Nigeria, nicht gerade eine Radsport-Hochburg. Doch sie ist eine starke Fahrerin, Afrika-Meisterin im Straßenrennen, Zweite im Zeitfahren, mehrfache Landesmeisterin. Ronny Lauke, Teamchef von Canyon-Sram, nahm sie deshalb in seine Nachwuchsmannschaft auf, wie vier weitere afrikanische Radsportlerinnen.
Ihr Start im Olympischen Straßenrennen, was für die junge Athletin schon allein ein besonderes Erlebnis war, stand schon länger fest. Aber dann erhielt sie auch plötzlich einen Startplatz für die Bahn. Nigeria rückte nach, weil ein anderes afrikanisches Land den Quotenplatz zurückgab. Teamsponsor Canyon wollte der Athletin eine Bahnmaschine bauen, denn natürlich hat auch der nigerianische Radsportverband keine Bahnräder auf Lager. Aber es war in der Kürze der Zeit gar nicht so einfach, ein Rad zu finden, das den olympischen Normen entsprach.
Erik Zabel, Markenbotschafter bei Canyon, nahm deshalb Kontakt mit dem BDR auf, und Sportdirektor Patrick Moster entschied spontan zu helfen und stellte der nigerianischen Radsportlerin eine Hightech-Rennmaschine der FES zur Verfügung. Das Rad musste dann während der Spiele noch auf die Athletin angepasst werden, was zusätzliche Arbeit für BDR-Mechaniker Lu Eckart bedeutete. Die Personaldecke ist gerade bei solchen Großereignissen eher dünn, weil es nur eine begrenzte Anzahl an Akkreditierungen für jeden Fachverband gibt. «Aber ich habe das gern gemacht», sagte Eckart über die direkte «Entwicklungshilfe». Man habe hier keinen Moment gezögert, sondern spontan geholfen.
Und so konnte Ukpeseraye gestern ganz stolz ihr erstes Olympisches Bahnrennen bestreiten. Erwartungsgemäß schied sie im Keirin-Turnier in der ersten Runde aus, aber sie wird einen weiteren Anlauf nehmen und am Freitag die Sprint-Qualifikation bestreiten.
Zu den nigerianischen Radsportlerinnen besteht eine besondere Verbindung. Bereits im Rahmen der Bahn-Weltmeisterschaft 2022 schenkten die beiden deutschen Nationalfahrerinnen Franziska Brauße und Mieke Kröger dem Frauen-Vierer aus Nigeria Zeitfahrlenker, nachdem dieser die Verfolgung nur mit normalen Lenkern bestreiten konnte.
Holt euch die News aus der Welt des Radsports mit der App von rad-net direkt aufs Handy!