Roubaix (dpa) - Stuart O'Grady ist der Überraschungssieger der 105. Ausgabe von Paris-Roubaix. Der 33-jährige Australier aus dem Team des diesmal chancenlosen Vorjahressiegers Fabian Cancellara erreichte das Ziel nach 259 Kilometer und 6:09:04 Stunden als Solist.
22 Kilometer vor dem Ziel hatte O'Grady aus einer Spitzengruppe heraus angegriffen. Unter dem Jubel der Zuschauer fuhr O'Grady allein auf die Radrennbahn im nordfranzösischen Kohlerevier und siegte als erster Australier. «Ich bin in der Form meines Lebens und wusste schon am Start, dass das heute mein Tag werden könnte», sagte O'Grady, der bei der Siegerehrung Tränen in den Augen hatte.
Ein großes Rennen fuhr der seit zwei Jahren für die Schweiz startende und aus Wolmirstedt stammende Steffen Wesemann (35) vom Zweitliga-Team Wiesenhof-Felt. Der Zweite von 2002 sprintete auf dem Weg durch «die Hölle des Nordens» auf Rang drei hinter dem Spanier Juan-Antonio Flecha. Sein Team war nur mit einer Wildcard ins Feld gerutscht. O'Grady, bei der Tour de France insgesamt schon neun Tage im Gelben Trikot, hatte 52 Sekunden Vorsprung und konnte auf den zwei Schlussrunden auf der Betonpiste in Roubaix schon die Hände der Zuschauer abklatschen.
Zu den großen Verlierern neben dem großen Favoriten Cancellara gehörte auch Ex-Weltmeister Tom Boonen (Belgien), der schon bei der Flandern-Rundfahrt nicht über einen 12. Platz hinaus gekommen war. Der Titelträger von 2005, im selben Jahr auch Sieger in Roubaix, wachte zu spät auf und wollte 17 Kilometer vor dem Ziel aus einer dritten Verfolgergruppe noch ganz nach vorne stürmen. Er holte zwar beträchtlich auf - kam aber nur bis Platz sechs.
Außer Wesemann schrieben auch andere deutsche Profis ein Stück Paris-Roubaix-Geschichte 2007. Der Milram-Profi Ralf Grabsch aus Wittenberg suchte ebenso sein Glück in einer Attacke wie später David Kopp (Bonn/Gerolsteiner) und Olaf Pollack (Cottbus/Wiesenhof-Felt). Das waren aber nur Episoden. Grabsch setzte sich aus einer 30- köpfigen Spitzengruppe ab und fuhr 20 Kilometer als Solist durch die dicht gedrängten Zuschauer-Spaliere. Die berüchtigte Passage durch den Wald von Arenberg mit dem extra restaurierten Kopfsteinpflaster nahm er im Alleingang. Im großen Hauptfeld gab es auch dort eine Serie von Stürzen.
61 Kilometer vor dem Ziel hatten Kopp, am Ende als bester Deutscher auf Rang 12, und Pollack zusammen mit dem Belgier Kevin van Impe eine dreiköpfige Spitzengruppe gebildet. Wenig später formierten sich in ihrem Rücken zwei Gruppen als entscheidende Verfolger. In ihnen fuhren alle Favoriten und auch Wesemann, der vielleicht seine letzte Saison bestreitet. «'Wese' wollte heute gewinnen. Trotzdem - was er geleistet hat, ist unglaublich. Uns als eingeladene Mannschaft im ProTour-Zirkus konnte nichts Besseres passieren», freute sich Wiesenhof-Teamchef Jens Heppner über seinen Neuling, der zu Beginn dieser Saison von T-Mobile kam.
Sommerliche Temperaturen und trockener Untergrund machten das von hunderttausenden Zuschauern verfolgte Rennen nicht unbedingt leichter. «Bei diesen Bedingungen sieht man in den Staubwolken nicht viel, keine Schläglöcher und nicht die schlimmsten Steine. Regen ist mir fast lieber, dann wird auch langsamer gefahren», hatte Boonen nach einer Trainingsrunde am Vortag gesagt. Beim Rennen standen 28 Kopfsteinpflaster-Passagen mit einer Länge von insgesamt 52,9 Kilometer auf dem Programm.
Erster und einziger deutscher Gewinner des wahrscheinlich härtesten Frühjahrs-Klassikers bleibt Joseph Fischer aus Cham am Chiemsee. Er siegte bei der Premiere 1896.